13.05.2020
Deutschland: Begegnung mit Muslimen: Nichts am Inhalt geändert
KOMMENTAR des stellvertr. Generalsekretärs der Weltweiten Evangelischen Allianz, Prof. Thomas Schirrmacher
In der badischen Landeskirche wird seit einiger Zeit über den interreligiösen Dialog diskutiert. Die in diesem Jahr vom Landeskirchenrat verschickte Vorlage soll eine Weiterentwicklung und Zusammenfassung des im Juli 2018 veröffentlichten Gesprächspapiers sein, das Impulse für den interreligiösen Dialog geben sollte und vielfach auf Kritik gestoßen war, weil es vor allem die Einheit der Religion herausgearbeitet hatte. Zum Gottesverständnis hieß es dort etwa: „Wir verehren als Christen und Muslime den einen Gott, den wir Christen dreieinig bekennen.“ Die Landeskirche wollte das Papier überarbeiten und dabei auch Kritiker einbeziehen. Die neue Vorlage sollte eigentlich einen ersten Schritt darstellen – doch inhaltlich hat sich nichts geändert.
Kontroversen ausgespart
Diese Vorlage sagt über sich selbst: „Die Erklärung der Landessynode nimmt die Kontroversen auf, die der Text ‚Christen und Muslime…‘ ausgelöst hat.“ Ich kann aber in keinem Satz der Erklärung erkennen, dass man irgendeine der abweichenden Auffassungen, die von Autoren eines weiten theologischen Spektrums begründet wurden, auch nur erwähnt, geschweige denn kommentiert oder aufgreift. Stattdessen werden die kontroversen Themen gar nicht mehr erwähnt – etwa die ursprünglich geforderte liturgische Beteiligung von Muslimen in öffentlichen Gottesdiensten, die Übertragung von Erfahrungen im Dialog mit dem Judentum auf den Dialog mit dem Islam oder der Eindruck, dass missionarische Bemühungen den Dialog unmöglich machen würden. Es heißt: „Mit der Erklärung suchen wir eine innerkirchliche Verständigung.“
Nur wo tut man das? Wo geht man inhaltlich auf Andersdenkende zu? Davon, dass man sich für die teils verzerrende und emotional stark abwertende Beschreibung Andersdenkender im Gesprächspapier entschuldigt, einmal gar nicht zu sprechen.
Viele Allgemeinplätze
Man schreibt dieses Mal fast ausschließlich allgemeine Dinge, denen jeder Christ zustimmen kann. Erst wenn man bei einigen Formulierungen nachschaut, wie sie ursprünglich im Gesprächspapier verstanden und ausgelegt wurden, stellt man fest, dass sich eigentlich nichts geändert hat. Ergänzt wurde eine Art Glaubensbekenntnis, das nur die Grundlagen des evangelischen Glaubens benennt, aber immerhin Dinge kurz und bündig klarstellt, deren Darstellung im Gesprächspapier als unzureichend kritisiert wurde. Keine der vielen kritischen Stellungnahmen zum Gesprächspapier hat die Ermutigung zum Dialog an sich infrage gestellt, erst recht nicht, dass er respektvoll geschehen muss. Denn selbstverständlich müssen wir sowohl als Bürger als auch als Christen mehr mit unseren muslimischen Mitbürgern im Gespräch sein und respektvoll miteinander umgehen. Doch auch da hatte das Gesprächspapier Mängel: So wurde immer wieder kritisiert, dass es Christen und Kirchengemeinden keinerlei praktische Hilfen an die Hand gibt, wo und wie Dialog geschehen kann und wie man typische Probleme vermeiden kann: Die Erklärung ist also auch von Theorielastigkeit ohne praktische Anwendung geprägt. •