14.01.2020

Pakistan: Freilassung eines geistig behinderten Christen angeordnet

Wegen Blasphemievorwürfen saß Asif Stephen zwei Jahre im Gefängnis

Der wegen angeblicher Gotteslästerung inhaftierte Christ Asif Stephen.

Lahore (idea) – In Pakistan darf der wegen angeblicher Gotteslästerung inhaftierte Christ Asif Stephen das Gefängnis bald verlassen. Das entschied das zuständige Oberlandesgericht in Lahore (Provinz Punjab). Der mittlerweile 18-Jährige hatte zwei Jahre in Haft verbracht. Das bestätigte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM/Frankfurt am Main) gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar). Beide hatten Asif Stephen im Februar 2018 zum „Gefangenen des Monats“ benannt und dazu aufgerufen, sich für die Freilassung des Christen und die Sicherheit seiner Familie einzusetzen. Die Polizei verhaftete den geistig Behinderten im Dorf Jhamkay (Distrikt Gujranwala/Punjab) am 12. August 2017 wegen angeblicher Blasphemie. Ein Mann namens Muhammed Nawaz hatte ihn zunächst auf dem Markt lauthals des Diebstahls bezichtigt und ihn dann beschuldigt, einen Koran verbrannt zu haben. Daraufhin begann eine aufgebrachte Menge, den Jugendlichen zu schlagen. Herbeigerufene Polizisten brachten ihn in die örtliche Polizeistation. Dort versuchte ein Mob von rund 300 Personen unter Führung eines radikal-islamischen Geistlichen und Lokalpolitikers, den Christen zu lynchen. Nur dank eines massiven Polizeieinsatzes konnte dies verhindert werden. Asifs Eltern sowie sein Rechtsbeistand bestreiten, dass der junge Mann einen Koran angesteckt und einen Diebstahl begangen habe.

Menschenrechtler: Der Druck der Fundamentalisten ist groß

Zum Hintergrund: Asif trägt zum Einkommen seiner Familie bei, indem er weggeworfene Flaschen an einem Friedhof nahe ihres Hauses aufsammelt. Darüber geriet er mit dem Muslim Nawaz mehrfach in Streit, der die Flaschen für sich beansprucht. Die nun bevorstehende Freilassung bedeutet keinen Freispruch. Auf Antrag von Asifs Verteidigung entschied das Gericht, den Blasphemie-Prozesses auf unbestimmte Zeit aufgrund der geistigen Behinderung des 18-Jährigen auszusetzen. Das pakistanische Recht sieht vor, dass sich ein Angeklagter erst vor Gericht verantworten muss, wenn er genesen ist. Asif Stephens Beeinträchtigung ist jedoch auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen und unheilbar. Die Referentin für Religionsfreiheit der IGFM, Michaela Koller, begrüßte den vorläufig positiven Ausgang des Verfahrens: „Wir freuen uns, dass Asif Stephen endlich freikommt. Bereits seit Jahren lagen dem Gericht Gutachten über den Gesundheitszustand des jungen Christen vor. Das Verfahren wurde wohl verschleppt, weil der Druck der Fundamentalisten so groß ist.“ Bevor es jedoch tatsächlich zur Freilassung kommt, muss die Familie Asifs eine Sicherheitsleistung von umgerechnet 6.000 Euro hinterlegen. Von den rund 200 Millionen Einwohnern Pakistans sind etwa 95 Prozent Muslime, zwei Prozent Christen und zwei Prozent Hindus.