16.05.2020

Kasachstan: Folter und Schmerzen im Arbeitslager

Ein Beamter behauptete: Mazhenov hätte sich die Verletzungen selbst zugefügt.

Der muslimische Gewissensgefangene Dadasch Mazhenov hat im März eine Beschwerde mit detaillieren und glaubwürdigen Angaben über seine Misshandlung im Arbeitslager in der Stadt Schymkent im Süden des Landes im Sommer 2019 eingebracht. Bereits im November 2019 berichteten Verwandte Mazhenovs gegenüber Forum 18 über die Folterung muslimischer Gefangener, weil diese das Fest des Fastenbrechens Eid al-Fitr begangen und das Namaz gebetet hatten. Bei einem dieser Zwischenfälle schlugen Beamte des Arbeitslagers am 30. Juni 2019 Dadasch Mazhenov so lange ins Gesicht, dass es verschwollen und voller blauer Flecken war. Am selben Tag konnten ca. 100 Gefangene beim Essen seine Verletzungen sehen. Am 2. Juli schlugen Beamte vier Stunden lang mit einem Schlagstock so auf die Füße und insbesondere die Sohlen Mazhenovs ein, dass seine Füße auf fast die dreifache Normalgröße anschwollen und mit Blutergüssen übersäht waren. Danach zogen ihn die Beamten nackt aus, legten ihn mit dem Gesicht nach unten und begannen, ihn mit ihren Schlagstöcken auf das Gesäß zu schlagen. „Danach verlor ich drei Mal wegen der Schmerzen das Bewusstsein, aber sie übergossen mich  mit Wasser und setzten ihre Schläge fort.“, schrieb er. Im März erklärte er, dass er wegen der Misshandlungen im Sommer 2019 noch immer unter Schmerzen und Komplikationen am Gesäß litt. In seiner schriftlichen Beschwerde an die Abteilung für persönliche Sicherheit der Region Akmola, in die Forum 18 Einsicht nehmen konnte, nannte er fünf der sieben Beamten, die an seiner Misshandlung teilgenommen hatte, drei davon mit ihrem vollen Namen, von den beiden anderen waren ihm nur die Vornamen bekannt. Die Beschwerde wurde inzwischen an die Staatsanwaltschaft Schymkent weitergeleitet. Es wurde zwar ein Strafverfahren gegen Beamte eingeleitet, jedoch gab es bisher keine konkreten Konsequenzen. Kasachstan ist aufgrund der UN-Antifolterkonvention verpflichtet, Beamte, gegen die ein begründeter Verdacht der Folter vorliegt, nach dem geltenden Strafrecht zur Verantwortung zu ziehen. Menschenrechtsaktivisten befürchten, dass alle gegen Beamte eines Arbeitslagers erhobenen Beschuldigungen der Folter auf „Überschreitung der Amtsbefugnisse“ herabgestuft werden. Maksim Kudryavtsev von der Koalition gegen Folter stellte fest, dass bisher nur einige wenige Fälle, in denen Gefängnisbeamte der Folter beschuldigt wurden, überhaupt die Gerichte erreicht haben und es nur sehr wenige Schuldsprüche gab. Er erklärte, dass die Herabstufung der Anklage auf Überschreitung von Amtsbefugnissen üblich sei. Bereits 2014 hat der UN-Ausschuss gegen Folter Kasachstan aufgefordert, diese Praxis einzustellen, Strafverfahren gegen alle der Folter beschuldigten Beamten durchzuführen und sie im Falle eines Schuldspruchs schuldangemessen zu bestrafen. Die Anschuldigungen Mazhenovs zu beweisen oder zu entkräften ist Aufgabe der Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden. Mazhenov wurde bisher jedoch von den Ermittlungsbehörden nicht zu den Vorwürfen befragt. Ein Beamter behauptete gegenüber Forum 18 sogar, Mazhenov hätte sich die Verletzungen selbst zugefügt.  

Quelle: Forum 18, Oslo (Meldung vom 15. Mai 2020)

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA