19.10.2020
Deutschland: Kritik an „Spiegel“-Beitrag über Evangelikale
Allianz-Beauftragter Heimowski: Es werden altbekannte Vorurteile bedient
Berlin (idea) – Heftige Kritik an einem Beitrag des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ über Evangelikale hat der Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Bundestages und der Bundesregierung, Uwe Heimowski, geübt. In der jüngsten Ausgabe hatte der Autor Felix Bohr im Blick auf die Corona-Pandemie behauptet: „Das Milieu der evangelikalen Freikirchen, darunter bibeltreue Christen und sogenannte Pfingstler mit Erweckungserlebnissen, scheint anfällig für Verschwörungsmythen. Oder zumindest für so viel Gottvertrauen, dass die Gläubigen Masken und Abstand für verzichtbar halten.“ Als Beispiel führt Bohr die Aktion „Anbetung für Deutschland“ vor dem Bundeskanzleramt an, bei der sich ein Pastor und etwa 30 „Christen im Widerstand“ gegen Maskenpflicht und Abstandsregeln gewandt hätten. Sie hätten neben „Halleluja“ und Amen“ auch „Keine Masken“ und „Keine Impfungen“ gerufen. Ferner heißt es in dem Beitrag, politisch fänden viele Evangelikale in der AfD eine Heimat. Sie sähen die Rechtspopulisten als eine Partei, die sich für „ihr antiquiertes Weltbild“ einsetze.
Heimowski: Solche Artikel treiben Menschen zu Verschwörungstheoretikern
Wie Heimowski dazu auf Facebook schreibt, enthält der Beitrag „alle gängigen Klischees über Evangelikale“. Als Beispiele müssten „singuläre Gruppen oder Personen herhalten, von denen dann – zu Unrecht – auf eine ganze Bewegung geschlossen wird“. Die Tragik an solchen Artikeln sei, dass sie genau das Gegenteil von dem bewirkten, was sie – vorgeblich – bewirken wollten. Wer statt einer soliden Recherche und einer sachlichen Beschreibung reißerisch altbekannte Vorurteile bedient, der treibe Menschen dazu, der öffentlichen Berichterstattung zu misstrauen und denen zu glauben, „die sie als ‚Mainstream- oder Lügenpresse‘ abtun“. Damit wiederum treibe man Menschen „zu unseriösen Informationsquellen oder tatsächlich in die Hände von Verschwörungstheoretikern“. Und genau das wolle die Evangelische Allianz in Deutschland nicht. Sie bejahe den demokratischen Rechtsstaat und die Freiheitsrechte.
Die Evangelische Allianz „bearbeitet“ niemanden
Heimowski nannte auch die Wortwahl in dem Artikel „fragwürdig“. Er werde als „Cheflobbyist“ bezeichnet, der Bundestagsabgeordnete „bearbeiten“ solle. Die Evangelische Allianz in Deutschland bearbeite niemanden, sondern führe Gespräche und veröffentliche Stellungnahmen. Sie sei ein akkreditierter Verband beim Deutschen Bundestag und nehme damit ein demokratisches Recht wahr – wie etwa 1.000 andere Verbände auch. Laut Heimowski hat er im September mit dem Autor des Beitrags ein 90-minütiges Gespräch geführt. Dabei habe er ausführlich die Positionen der Allianz erläutert, etwa zu Ehe, Lebensschutz, Religionsfreiheit und Flüchtlingen. Im Beitrag komme aber nur ein Satz vor. Im Blick auf die Aussagen zur AfD stellte der Beauftragte klar, dass die Allianz parteipolitisch neutral sei und mit allen Fraktionen im Bundestag spreche. Es gebe keine führenden Evangelikalen, die in der AfD aktiv seien. In der Führung der Partei sei auch kein Evangelikaler.