06.12.2007
Türkei: Christenmorde von Malatya - Staatsanwaltschaft in der Kritik
Der Deutsche Tilmann Geske und die Türken Necati Aydin und Ugur Yuksel wurden von jungen Türken gefesselt, gefoltert und umgebracht
Türkei: Christenmorde von Malatya - Staatsanwaltschaft in der Kritik
Der Deutsche Tilmann Geske und die Türken Necati Aydin und Ugur Yuksel wurden von jungen Türken gefesselt, gefoltert und umgebracht
M a l a t y a (idea) - 26.11.07– Heftige Kritik ist am Vorgehen der Staatsanwaltschaft in den
Mordfällen an drei Christen in der osttürkischen Stadt Malatya laut geworden. Der Prozess
gegen die fünf mutmaßlichen Mörder wurde am 23. November eröffnet.
Opfer der Tat am 18. April in den Räumen des christlichen Zirve-Verlages waren drei
Evangelikale, der Deutsche Tilman Geske (45) sowie die beiden Türken Necati Aydin (35) und
Ugur Yuksel (32). Nach viereinhalbstündiger Verhandlung vertagte das Gericht den Prozess auf
den 14. Januar. Wie es hieß, soll Angeklagten und Verteidigern mehr Zeit zum Studium der
Anklageschrift gegeben werden. Einer der Anwälte der Hinterbliebenen, Orhan Kemal Cengiz,
ging in der englischsprachigen Tageszeitung „Turkish Daily News“ mit der Staatsanwaltschaft
hart ins Gericht. Sieben Monate lang habe sie alle Akten unter Verschluss gehalten. Doch nach
der Veröffentlichung und Lektüre wisse man nicht mehr als zuvor. Von den 31 Aktenordnern
enthielten nur 15 Informationen über die Mord. In den anderen 16 Ordnern gehe es
ausschließlich um die Missionstätigkeit der Opfer. Cengiz ist darüber bestürzt: „Wenn ich den
Hintergrund nicht kennen würde, würde ich denken, dass hier zwei Banden einander
bekämpfen.“ In Wirklichkeit gehe es aber um „ein unglaubliches Abschlachten dreier
unschuldiger Personen“. Der Anwalt ist in Sorge, dass die Akten zu neuen Morden führen, da sie
sehr viele Daten über andere Christen in der Türkei enthielten.
Täter zeigen keine Reue
Kritik übt Cengiz auch an den Ermittlungen. Der Hauptverdächtige Emre Gunaydin habe zwar
offen erklärt, er gehöre einer rechtsextremen Vereinigung an. Aber weder die Polizei noch die
Staatsanwaltschaft hätten diese Spur weiter verfolgt. Dabei habe Gunaydin behauptet, von
mehreren Personen auf die Christen aufmerksam gemacht worden zu sein. Laut Cengiz zeigten
die mutmaßlichen Täter keine Reue. In Briefen an ihre Familien und Freunde hätten sie vielmehr
bekräftigt, sich mit der Tat für ihr Heimatland geopfert zu haben. Der Jurist hält Verbrechen wie
das von Malatya so lange für unvermeidlich, wie offizielle Vertreter des Staates Missionare als
Agenten fremder Staaten bezeichneten und vor ihrer Tätigkeiten warten: „So lange kein
gesetzliches Vorgehen vor diesem Wahn erfolgt, werden wir fortgesetzt neue Morde, Angriffe
und Abschlachten sehen.“
„Märtyrer für Jesus“
Die Witwe des ermordeten Deutschen, Susanne Geske, sagte einem türkischen Fernsehsender,
ihr Mann sei als „Märtyrer für Jesus“ gestorben. Sie bekannte, in der Türkei wohnen bleiben zu
wollen, weil ihre drei Töchter Blumen zum Grab ihres Vaters bringen wollten. Christliche
Missionsarbeit ist in der Türkei nicht verboten, doch Nationalisten und Behördenvertreter
betrachten Missionare als Bedrohung für die Einheit der Nation. Schätzungen zufolge gibt es
etwa 1.000 christliche Missionare in der Türkei. Die meisten kommen aus den USA und
Südkorea.