27.12.2007
Türkei: Christenmörder von Malatya hatten Kontakt zu staatlichen Funktionären
- Anwälte der Hinterbliebenen beklagen, dass die<br />Staatsanwaltschaft nicht allen Spuren nachgeht
Türkei: Christenmörder von Malatya hatten Kontakt zu staatlichen Funktionären
- Anwälte der Hinterbliebenen beklagen, dass die
Staatsanwaltschaft nicht allen Spuren nachgeht
Ankara/Türkei, 04.12.2007 (KAP) Die mutmaßlichen jugendlichen Mörder von drei Christen im
osttürkischen Malatya hatten vor der Tat offenbar intensiven Kontakt zu hochrangigen
Funktionären der türkischen Sicherheits- und Justizbehörden. Wie türkische Zeitungen am 4.
Dezember übereinstimmend berichteten, geht dies aus den Ermittlungsakten hervor. Am 18.
April waren der Pastor der protestantischen Gemeinde von Malatya und zwei
Gemeindemitglieder von den jungen Burschen zu Tode gefoltert worden.
Die Auswertung der Telefonkontakte der mutmaßlichen Täter ergab laut Berichten, dass diese
in den Wochen vor der Tat unter anderem vom Hauptquartier der polizeilichen Spezialeinheiten
in Ankara angerufen wurden. Sowohl mit einem Soldaten in Malatya als auch mit einem
Parlamentskandidaten telefonierten die Tatverdächtigen wiederholt. Mit einem Staatsanwalt
tauschten sie Kurzmitteilungen per Mobiltelefon aus. Dabei tauschten die mutmaßlichen Täter
immer wieder ihre Handys; insgesamt benutzten die fünf Verdächtigen in den sechs Monaten vor den Morden 106 verschiedene Telefonnummern. Es wird allerdings für möglich gehalten,
dass die Kontakte der mutmaßlichen Täter weniger einen politisch-ideologischen als vielmehr
einen homosexuellen Hintergrund hatten.
Die Anwälte der Hinterbliebenen der Opfer beklagen schon länger, dass die wahren
Hintergründe der Tat bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft unbeleuchtet blieben. So sei
die Anklagebehörde einem anonymem Brief nicht weiter nachgegangen, wonach die Täter von
einem Armeeoffizier und einem islamischen Theologie-Dozenten in Malatya angestiftet worden
seien. Auch ein Lokaljournalist, der von einem der Angeklagten ausdrücklich als Anstifter
benannt wurde, blieb bisher unbehelligt.
Die protestantischen Gemeinden in der Türkei fürchten eine Spurenverwischung. Die mögliche
Verwicklung des ultra-nationalistischen Milieus könnte in dem Prozess unter den Teppich
gekehrt werden.
Ähnliche Befürchtungen werden in der armenischen Kommunität immer wieder über den
Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder des armenischen Journalisten Hrant Dink laut, der
ebenfalls aus Malatya stammte. Auch in diesem Fall gibt es viele Anzeichen für eine
Verstrickung des "tiefen Staates" in das Mordkomplott.
Quelle: Kathpress, Wien/Österreich