30.06.2007
Ägypten: Anschläge auf Kirchen nahe Alexandria
Streitigkeiten zwischen Christen und Muslimen lösten die Eskalationen aus
Ägypten: Anschläge auf Kirchen nahe Alexandria
Streitigkeiten zwischen Christen und Muslimen lösten die Eskalationen aus
ISTANBUL, 21. Juni 2007 – Radikale Muslime haben in Ägypten eine koptisch-orthodoxe
Kirche angegriffen und Geschäfte von Christen beschädigt. Sieben Kopten wurden verletzt.
Nach Aussagen einheimischer Christen randalierte am 8. Juni eine Gruppe von Muslime
eineinhalb Stunden lang im christlichen Viertel von Zawyet Abdel-Qader, das etwa 30
Kilometer westlich von Alexandria entfernt liegt. Acht Muslime und zehn Christen sollen
verhaftet worden sein. Tage später, am 12. Juni, kam es in Dekheila, etwa zehn Kilometer
westlich von Alexandria zu einem ähnlichen Zwischenfall. Christliche Informanten bestätigten
dem Informationsdienst Compass Direct, dass der Auslöser der Angriffe jeweils eine
Auseinandersetzung zwischen einem Muslim und einem Christen gewesen sei. Akram Anwar
Bekheed, Mitglied der nationaldemokratischen Partei aus Zawyet Abdel-Qader, wies allerdings
der Regierung eine Teilschuld zu. Da diese frühere Angriffe auf Kirchen ungestraft durchgehen
ließ, sei eine Atmosphäre entstanden, in der religiös motivierte Gewalt als zulässig angesehen
werde.
Streit zwischen Christ und Muslim
Zu dem folgenschweren Streit kam es am 7. Juni, als sich ein muslimischer Jugendlicher
weigerte, einem jungen christlichen LKW-Fahrer in einer engen Straße den Weg freizumachen.
Deren Väter mischten sich in den Streit ein. Alle vier Personen wurden von der Polizei
festgenommen. Augenzeugen berichteten, dass sich Muslime am 8. Juni nach dem Freitagsgebet
in den Kaffeehäusern des Ortes zu sammeln begannen. Dann seien Männer von außerhalb des
Ortes gekommen und hätten große Säcke mitgebracht. Wie sich später herausstellte, enthielten
sie Schwerter, Dolche und brennbares Material, mit dem die Muslime um 21.45 Uhr in das
Christenviertel marschierten, wo sie Häuser und Geschäfte angriffen. Mariam Adel (24) erlitt
Verbrennungen durch eine Säure; der Lebensmittelhändler Yasser Agai musste mit Stichwunden
in Kopf, Gesicht und Rücken ins Krankenhaus gebracht werden. Ein Fisch- und Geflügelladen,
eine Bäckerei und ein Call-Center wurden beschädigt. Wie Compass Direct erfuhr, hatten
gewalttätige Muslime in Zawyet Abdel-Qader im Januar 2007 bereits Fenster und Türen eines
Hauses für soziale Dienste zerstört, das der Kirche gehörte und einige Stunden später sah die
Polizei zu, wie Baufahrzeuge das Gebäude einrissen, obwohl die Gemeinde eine Genehmigung
vom Gouverneur Alexandrias erhalten hatte.
Weiterer Angriff
Vier Tage später eskalierte vor der Kirche von Dekheila ein Streit zwischen dem 16-jährigen
christlichen Bauarbeiter Bassem Mikail und seinem 21-jährigen Kollegen, dem Muslim
Abdel-Dayem. Es kam zu einer Straßenschlacht zwischen muslimischen und christlichen
Anwohnern. Muslime attackierten die Kirche mit Flaschen und Steinen. Die herbeigerufene
Polizei kam sofort, schützte die Kirche und stoppte alle Gewalt. Christlichen Mitgliedern der
regierenden nationaldemokratischen Partei (NDP) zufolge nahm man 15 Kopten und sieben
Muslime fest. Wie Compass Direct erfuhr, sind vier Christen dem Staatsanwalt vorgeführt
worden; ihnen wird tätlicher Angriff vorgeworfen. Die anderen elf sind ohne Anklageerhebung
weiterhin in Haft. Den sieben Muslimen, darunter der Imam einer Moschee, wird tätlicher
Angriff, Zerstörung und Anstiftung zur Zerstörung vorgeworfen.
Hintergrund:
Seit einigen Monaten kommt es vermehrt zu Angriffen auf ägyptische Christen. Im Mai
attackierten Muslime von Bemha christliche Häuser aufgrund des Gerüchts, die Glaubensgemeinschaft baue eine neue Kirche. Koptische Christen machen schätzungsweise acht
bis 15 Prozent der ägyptischen Bevölkerung aus. Im April 2006 kam es in Alexandria zu drei
Angriffen auf Christen, bei denen ein Christ erstochen wurde und ein Dutzend durch
Messerstiche verletzt wurden.
Compass Direct/OpenDoors