02.03.2007

Usbekistan: Regierung räumt Verhaftung eines protestantischen Pastors ein

Usbekistan: Regierung räumt Verhaftung eines protestantischen Pastors ein

Usbekistan: Regierung räumt Verhaftung eines protestantischen Pastors ein

Usbekistan: Regierung räumt Verhaftung eines protestantischen Pastors ein

ISTANBUL, 21. Februar 2007 – Erstmals hat die Religionsbehörde von Usbekistan öffentlich eingeräumt, im Januar einen usbekischen Pastor in Andischan verhaftet zu haben und gegen den Pastor strafrechtlich vorzugehen. Der Pressedienst des Komitees für religiöse
Angelegenheiten Usbekistans bestritt Berichte, wonach Dmitry Shestakov ein der registrierten Full Gospel Church angeschlossener evangelischer Pastor sei. Der russischen Nachrichtenagentur
Interfax sagte er am 12. Februar, Shestakov sei ein selbsternannter Pastor, kein autorisierter Leiter irgendeiner offiziell anerkannten religiösen Organisation in Usbekistan,
sondern ein „Betrüger", der in der Region Andischan eine eifrig missionarisch tätige Untergrundgruppe – „Charismatische Pfingstler" – leite. Ein kirchliches Dokument beweist
jedoch, dass der Pastor seit dem 5. Oktober 2004 autorisiert ist, offizielle Lobpreisgottesdienste in der Full Gospel Church abzuhalten, so sein Anwalt. Shestakov (37)
wurde am 21. Januar bei einer Razzia während eines Gottesdienstes in seiner eingetragenen Full Gospel Church festgenommen. Zwei Wochen lang verweigerte man ihm jeden Kontakt
zu seinem Anwalt, zu Familien- oder Gemeindemitgliedern.

Staatsanwalt: Gemeinde sei wie eine islamische Extremistengruppe

In der offiziellen Anklageschrift vom 30. Januar beschuldigte die Staatsanwaltschaft den
Pastor, eine illegale religiöse Organisation zu leiten, die religiösen Hass erregt, und
Unterlagen zur Förderung von religiösem Extremismus verteilt. Die Höchststrafe für jeden
einzelnen dieser Anklagepunkte könnte zehn Jahre Haft betragen. Die Anklageschrift vergleicht Shestakovs "Charismatische Pfingstler" mit islamischen Extremistengruppen wie
Hizb ut-Takhrir, Akramia und Tovba. Unter dem Deckmantel, für religiöse Bedürfnisse zu
sorgen, habe die Organisation begonnen, nach der Macht zu streben – all diese religiösen
Gruppen würden Spaltungen verursachen und seien „eine Gefahr für die nationaleSicherheit". Erst am 3. Februar durfte Shestakov die Anklagen gegen ihn lesen. Örtliche
Informanten, die Shestakov inzwischen u. a. Lebensmittel bringen durften, haben berichtet,
dass er trotz einiger gesundheitlicher Probleme seinen Mut nicht verloren habe. Dem Nachrichtendienst Forum 18 zufolge sitzt er in Einzelhaft.

Im Juni 2006 war Shestakov bereits durch eine Razzia in seinem Haus und in seiner Gemeinde durch zeitweise Inhaftierung und die Beschlagnahmung von Tonbändern, Videos
und Druckschriften schikaniert worden, offensichtlich als Reaktion darauf, dass ethnische
Usbeken aufgrund seines Dienstes Christen wurden. Seine 100 Mitglieder zählende Gemeinde in Andischan feiert Gottesdienste sowohl auf Russisch als auch auf Usbekisch.
Wie seine Frau Marina berichtete, wurden in diesen Gottesdiensten ganze Familien Christen und einige Hauskreise haben sich gebildet. Nach mündlichen Warnungen, man sei dabei,
Anklagen wegen schwerer Verbrechen gegen ihn zu formulieren, floh Shestakov im
vergangenen Sommer zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern zunächst einmal aus
Andischan, kehrte nach ein paar Monaten wieder zurück und nahm Ende November 2006
seinen öffentlichen Dienst in der Gemeinde wieder auf. Das Religionsamt beschrieb Pastor
Shestakov als „früheren Drogenabhängigen", der an „illegaler Proselytenmacherei" beteiligt
sei. Einen Besuchsantrag seiner Frau lehnte der Staatsanwalt ab, weil er „ein gefährlicher
Verbrecher" sei. Seine frühere schwere Drogenabhängigkeit räumte Marina Shestakov ein.
Seit Dmitry jedoch vor mehr als 15 Jahren Christ wurde, habe ihn der christliche Glaube völlig verwandelt. „Unser ganzes christliches Leben hindurch hat Gott uns geleitet", sagte sie.
„Wir glauben, dass Gott einen Plan für uns hat." Allerdings habe sie große Angst, ihr Mann
könnte gefoltert werden. „Wir kennen viele Geschichten, dass Menschen einfach für immer
verschwinden", fügte sie hinzu. „Die Polizei in Usbekistan kann dich mit vielen Anklagen
überziehen oder dir Drogen unterschieben." Doch ihre Gemeinde würde sie ermutigen und mit Geld oder Lebensmitteln versorgen.

Hintergrund:
Seit der Niederschlagung des Volksaufstandes in Andischan durch die Regierung im Jahr
2005 hat sich die Politik Usbekistans gegen die Christen gewandt. Die Beziehungen zwischen
der Regierung und westlichen Ländern verschlechterten sich. In Usbekistan werden Christen
als Anhänger einer westlichen Religion oder Mitglieder einer extremistischen Sekte
angesehen. 2006 wurden viele ausländische christliche Entwicklungshelfer aus Usbekistan
ausgewiesen.
Als das US-Außenministerium Usbekistan im November 2006 auf seine "Schwarze Liste" der
Länder setzte, in denen gegen die Religionsfreiheit massiv verstoßen wird, erklärte das
usbekische Außenministerium, es sei über eine derart „unbegründete" Beurteilung
„verblüfft", denn in den letzten Jahren seien weder Konflikte zwischen den Konfessionen
noch zwischen „Konfessionen und staatlichen Strukturen im Land beobachtet" worden.
Compass Direct/OpenDoors