02.03.2007

Vietnam: Rechtsanwalt, der sich für Christen einsetzt, verfolgt

Am 6. Februar gab die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bekannt, dass dem
auf Menschenrechte spezialisierten vietnamesischen Rechtsanwalt Nguyen van Dai ein
Stipendium des Hellman-Hammet Fonds zugesprochen wird. Stipendien aus diesem Fonds
kommen vor allem verfolgten Schriftstellern zugute.
Nguyen Van Dai ist einer der wenigen auf Menschenrechte spezialisierten Rechtsanwälte in
Vietnam und einer der Gründer des Komitees für Menschenrechte in Vietnam, das 2006 ins
Leben gerufen wurde. Er hat sich als Verteidiger für die meisten bedrängten protestantischen
Gemeinden zur Verfügung gestellt. Unter anderem hat er dem Mennonitenprediger und
ehemaligen politischen Gefangenen Nguyen Hong Quang vertreten. Er hat Artikel über
Demokratie und Pressefreiheit verfasst und wurde im August 2006 festgenommen, als er
gemeinsam mit weiteren Dissidenten plante, ein unabhängiges Bulletin ins Leben zu rufen. Er
wurde mehrmals von der Polizei befragt und stand zeitweise unter Hausarrest.

Vietnams Dissidenten brauchen unsre Solidarität

Laut Human Rights Watch ist 2007 ein besonders wichtiges Jahr, um Dissidenten in Vietnam
anzuerkennen. Die Demokratiebewegung ist kühner geworden, äußert sich deutlicher und trittmehr an die Öffentlichkeit. Dadurch werden die Aktivisten allerdings auch verwundbarer für
Repressalien der Regierung. Nur wenige Tage vor seiner Ehrung durch Human Rights Watch
war Nguyen van Dai gemeinsam mit Le thi Cong Nhan in Dais Kanzlei festgenommen
worden, weil er als Gastgeber für eine Diskussion über Menschenrechte auftrat. Die beiden
wurden über das Wochenende festgehalten während die Polizei ihre Wohnungen und die
Kanzlei durchsuchte. Die beiden hatten im Monat davor einen Kurs für Studenten abgehalten,
in dem so weit bekannt ist erstmals Wissen über Menschenrechte öffentlich vermittelt wurde.
Am 5. Februar hatte das Onlinemagazin Jurnalo die Möglichkeit, ein Interview mit Le thi
Cong Nhan zu führen. Sie erklärte: "Die Polizei beschuldigte uns der Verletzung von Artikel
88 des Strafgesetzbuches, wonach es verboten ist, sich zu organisieren, um die Regierung zu
stürzen. Doch das ist nicht unser Ziel. Wir haben nur über Menschenrechte und Demokratie
gesprochen. Nhan berichtete weiter, dass die Polizei bei dem Einsatz einen weiteren
Dissidenten, Bach Ngoc Duong, ins Gesicht geschlagen und seine Brillen zerbrochen hatte.
Ein Polizist meinte "Vietnam hat seine eigenen Menschenrechte, die von der Partei und der
Regierung geregelt werden. Wir brauchen hier keine Menscherechte nach britischem oder
amerikanischem Stil. Wenn ihr Menschenrechte internationalen Stils wollt, dann solltet ihr in
diese Länder auswandern."
Am 8. Februar schließlich mobilisierte die Regierung beim "Volkskomitee von Ward Bach
Khoa" etwa 200 Personen, alle etwa 60 - 80 Jahre alt, um ein "Volksgericht" abzuhalten. Man
nannte diesen Prozess "Volkskonferenz". Dabei wurden etwa zwei ein halb Stunden lang
Anschuldigungen gegen Rechtsanwalt Nguyen van Dai vorgebracht, die von Verstoß gegen
Artikel 88 bis zu Landesverrat reichten. Dai wurde keine Gelegenheit gegeben, sich zu
verteidigen. Man erklärte ihn für schuldig, forderte den Entzug seiner Zulassung als
Rechtsanwalt, die Schließung seiner Kanzlei und beschloss, ein Strafverfahren gegen ihn
einzuleiten. Die Sicherheitskräfte versuchten, Dai mit Gewalt und Drohungen zu zwingen,
eine Erklärung zu unterschreiben. Dai erklärte: "Ihr könnt mich töten, aber ich werde das nie
unterschreiben". Am Ende gaben sie nach.
Quelle: WEA-RLC, Übersetzung: ÖEA