08.05.2007
Türkei: Drei ermordete Christen waren Evangelikale
W i e s b a d e n / M a l a t y a (idea) - 19.04.07– Die drei Christen, die am 18. April in der
südosttürkischen Stadt Malatya ermordet wurden, waren Evangelikale. Das teilte der
Orientdienst in Wiesbaden mit, der mit christlichen Gemeinden in der Türkei
zusammenarbeitet.
Die Täter waren in die Räume des Zirve-Verlages eingedrungen, fesselten die Opfer und
schnitten ihnen die Kehlen durch. Bei den Ermordeten handelt es sich um den Deutschen
Tilmann Geske (45) und die beiden Türken Necati Aydin (35) und Ugur Yuksel (32). Der aus
Celle stammende Geske, der seine Frau Susanne und drei Kinder hinterlässt, arbeitete als
Übersetzer mit dem Verlag zusammen, war dort aber nicht angestellt. Er absolvierte von 1982
bis 1987 eine Ausbildung an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel.
Für liebevolle Mission unter Muslimen
Aydin, der seine Frau und zwei Kinder hinterlässt, war leitender Mitarbeiter des Verlags und
leitete auch eine evangelikale Gemeinde in Malatya. Er hatte vom 9. bis 13. April in
Deutschland an einer christlichen Konferenz teilgenommen. Aydin hielt Vorträge zum Thema
„Den anatolischen Menschen für Jesus Christus gewinnen“. Dabei ermahnte er die
Teilnehmer, Muslimen die christliche Botschaft auf liebevolle Weise weiterzugeben. Nach
Angaben des Orientdienstes war er im Zusammenhang mit seiner evangelistischen Tätigkeit
zeitweise inhaftiert und wurde wiederholt bedroht. Bei seinem Deutschland-Aufenthalt sagte
er: „Jedes Mal, bevor ich auf Reisen gehe, habe ich deshalb eine ausgedehnte Gebetszeit mit
meiner Frau, in der wir alle unsere Ängste und Sorgen vor den Herrn bringen.“ Der dritte
Ermordete, Ugur Yuksel, wollte im Herbst heiraten. Der Zirve-Verlag, der elf Mitarbeiter
beschäftigt, verbreitet christliche Literatur und den Jesus-Film. Evangelikale Kenner der
Situation in der Türkei gehen davon aus, dass die Morde eine Folge der jahrelangen Hetze in
türkischen Medien gegen Christen sind.
Nationalistisch-religiöse Motive
Die türkische Polizei hat nach Presseberichten fünf Verdächtige im Alter von 19 und 20
Jahren festgenommen. Die Festgenommenen sind geständig. Sie gaben nach türkischen
Medienberichten an, für „Vaterland und Glauben“ gehandelt zu haben. Die Zeitung Hürriyet
zitierte einen mutmaßlichen Mörder mit den Worten „Den Feinden des Glaubens möge dies
eine Lehre sein“. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) in
Deutschland hat ihr Entsetzen über den Anschlag zum Ausdruck gebracht. Der Präsident des
Verbands, Botschaftsrat Sadi Arslan, sprach von einer „abscheulichen Tat“. Er forderte, das
Verbrechen restlos aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Die DITIB sprach
„insbesondere der Familie des Verstorbenen Tilmann Geske und unseren deutschen und
christlichen Freunden“ ihr aufrichtiges Beileid aus.
EKD-Ratsvorsitzender erschüttert
Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber (Berlin), reagierte „erschüttert“ auf die
Bluttat: „Dass auch ein Christ aus Deutschland unter den Opfern ist, bringt uns das
Geschehen besonders nahe.“ Anlass des grauenhaften Geschehens sei, dass der Verlag in der
Osttürkei Bibeln verteile. Dieses „Wort des Lebens“ anderen anzubieten, dürfe niemals
Grund dafür sein, Menschen an Leib und Leben zu bedrohen. „Unser tiefes Mitgefühl und
unser Gebet gilt denen, die um die Opfer trauern“, so Huber.