09.05.2007
Türkei: Christenmord in Malatya
Kardinal-Staatssekretär Bertone: Die drei Opfer sind wahre Märtyrer<br />Erdogan verurteilt Morde und kritisiert Pfarrer
Türkei: Christenmord in Malatya
Kardinal-Staatssekretär Bertone: Die drei Opfer sind wahre Märtyrer
Erdogan verurteilt Morde und kritisiert Pfarrer
Vatikanstadt-Ankara, 20.04.2007 (KAP) Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone hat den
Mord an drei Christen in der anatolischen Stadt Malatya als "Wahnsinnstat" verurteilt. Der
Anschlag sei die "Frucht einer fanatischen Minderheit", sagte der Kardinal. Bertone nannte
die drei Opfer wahre Märtyrer. Ihr Martyrium zeige, dass Menschen auch nach zwei
Jahrtausenden für die Botschaft von der Auferstehung Christi leben und sterben. Der Kardinal
äußerte sich am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung der katholischen
Universitätsseelsorge zum 80. Geburtstag von Papst Benedikt XVI., wie die italienische
katholische Nachrichtenagentur SIR berichtete.
Lehmann: "Erschütterung und Abscheu"
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, bekundete
"Erschütterung und Abscheu" über die Bluttat an den drei Christen in Malatya, von denen
einer deutscher Staatsangehöriger war. Kardinal Lehmann betonte, die türkischen Sicherheitsund
Justizbehörden müssten die Hintergründe rückhaltlos aufklären und die Täter ihrer
gerechten Strafe zuführen.
Nach dem Mord an einem Priester in Trabzon und Überfällen auf weitere katholische Priester
im vergangenen Jahr gebe die Bluttat von Malatya Anlass zu wachsender Sorge um die
Christen, die ihren Glauben in der Türkei leben wollen. Das Menschenrecht auf
Religionsfreiheit umfasst auch das Recht, mit friedlichen Mitteln aktiv für die Verbreitung
des eigenen Glaubens einzutreten, betonte Kardinal Lehmann. Die türkische Regierung sei
gefordert, dieses Recht wirksam zu gewährleisten und auch die Angehörigen religiöser
Minderheiten, die es in Anspruch nehmen, wirksam zu schützen.
Witwe vergab den Mördern
Bei den drei Mitarbeitern des christlichen "Zirve"-Verlags handelte es sich um den
45-jährigen Tilman Geske (der aus Deutschland stammt), um den 35-jährigen Necati Aydin
und um den 32-jährigen Ugur Yüksel. Der aus Celle stammende Geske, der seine Frau
Susanne und drei Kinder hinterlässt, arbeitete als Übersetzer mit dem Verlag zusammen, war
dort aber nicht angestellt. Er hatte eine freikirchliche theologische Ausbildung absolviert.
Susanne Geske hat den Mördern ihres Mannes vergeben. "Ich habe keinerlei
Rachegedanken", sagte sie dem türkischen Fernsehsender ATV. Was Jesus am Kreuz über
seine Peiniger gesagt habe, wolle auch sie über die Mörder ihres Mannes sagen: "Herr vergib
ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun". Die Frau will in Malatya bleiben. Ihr Mann solle in
der Stadt beigesetzt werden.
Nach Presseberichten wies die Leiche des Deutschen fast 160 Messerstiche auf. Hinweise auf
Folter seien auch bei der Leiche des Mordopfers Ugur Yüksel festgestellt worden, berichtete
die Zeitung "Hürriyet" am Freitag unter Berufung auf einen Krankenhaussprecher in Malatya.
Erdogan verurteilt Morde und kritisiert Pfarrer
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte die Morde erneut scharf.
Die Verbrechen hätten sich gegen die Ordnung und das "Klima der Brüderlichkeit" in der
Türkei gerichtet, sagte Erdogan.
Zugleich kritisierte Erdogan den protestantischen Pfarrer Ishan Özbek, der am Donnerstag
von einer "Hexenjagd" auf christliche Geistliche in der Türkei gesprochen hatte. Niemand
dürfe den "hohen Werten der türkischen Nation" Unrecht tun, um daraus Kapital für die
eigene Sache zu schlagen, sagte Erdogan.
Zu den Tatmotiven räumte der Ministerpräsident ein, das Gerede von einer Gefährdung des
Islam durch die Christen in der Türkei habe die Gehirne der mutmaßlichen Mörder vergiftet.
Die nach den bestialischen Morden verhafteten Burschen haben nach Presseberichten
ausgesagt, für das türkische Vaterland und den Islam gehandelt zu haben.
Auch der Präsident des staatlichen Religionsamtes ("Diyanet"), Prof. Ali Bardakoglu,
verurteilte die Gewalttaten und sprach von einem "Verrat an unserem Glauben, an unserem
Vaterland und an unserer Nation". Unter keinen Umständen könnten solche Verbrechen
akzeptiert werden. In Malatya selbst erklärte Bürgermeister Cemal Akin, die Morde hätten
Stadt und Land schweren Schaden zugefügt. Es habe sich aber um einen "Einzelfall"
gehandelt.
Quelle: Katholische Nachrichtenagentur Kathpress, Wien/Österreich.