14.05.2007

Eritrea: Polizei verhaftet 80 evangelikale Christen

Regierung gibt „Wahl" des neuen orthodoxen Patriarchen bekannt

Eritrea: Polizei verhaftet 80 evangelikale Christen

Regierung gibt „Wahl" des neuen orthodoxen Patriarchen bekannt

LOS ANGELES, 8. Mai 2007 – Die Polizei hat während einer Razzia in der eritreischen
Hauptstadt Asmara 80 Christen festgenommen. Am 29. April wurden die Mitglieder der
Mehrete Yesus Evangelical Presbyterian Church nach einem Sonntagsgottesdienst verhaftet.
Unter den Christen soll sich ein US-amerikanisches Ehepaar befunden haben sowie einige
Lehrer aus Indien, die in Eritrea arbeiten. Wie der Informationsdienst Compass Direct berichtet,
wurden die beiden Amerikaner am 3. Mai aus der Haft entlassen. Ihnen wurde jedoch untersagt,
weiter „zu lehren oder zu predigen.“ Unter den Gefangenen sollen sich der presbyterianische
Pastor Zecharias Abraham und Mikias Mekonnen, ein Gemeindeältester, befinden. Die
Mehrete-Yesus-Gemeinde, die mit der orthodoxen presbyterianischen Kirche verbunden ist,
besteht seit Ende der 1940er Jahre. Pfarrer Abraham leitet die eritreisch-evangelische Allianz
seit der Vorgänger, der Leiter der Full Gospel Church, Haile Niazgi, im Mai 2004 verhaftet
wurde.
Rechte der orthodoxen Kirche verletzt
Die Festnahmen ereigneten sich fünf Tage nachdem die Regierung bekannt gegeben hatte, die
eritreisch-orthodoxe Kirche habe mit Bischof Dioskoros von Mendefera einen neuen Patriarchen
gewählt. Die Wahl am 19. April durch den Heiligen Synod der Kirche sei „einstimmig" erfolgt;
die offizielle Amtseinführung des 4. Patriarchen der orthodoxen Tewahdo-Gemeinschaft sei für
den Pfingstsonntag (27. Mai) vorgesehen. Am 23. April hieß es jedoch auf einer Website der
Opposition (www.asmarino.com): „Als die anwesenden Bischöfe den Wunsch äußerten, über
die Angelegenheit zu beraten, wurde ihnen gesagt, dass die Ankündigung nicht für weitere
Diskussionen offen stehe." Weiter hieß es auf der Homepage: „Dem eritreischen Volk sollte
bewusst sein, dass die Rechte und Überzeugungen der zwei Millionen Mitglieder der
orthodoxen Kirche wieder einmal ganz offenkundig verletzt worden sind; und die Geiselnahme
der Kirche durch die Regierung, die schon lange vor sich geht, ist jetzt vollendet." Im August
2005 hatte die Regierung Eritreas den eritreischen Patriarchen Abune Antonios, nachdem er
gegen die Inhaftierung von drei Priestern der Medhane Alem Orthodox Church protestierte,
seiner kirchlichen Ämter enthoben. Das war eine direkte Verletzung des kanonischen Rechtes
der Kirche, für deren Verwaltung die Regierung einen Laien einsetzte. Antonios steht unter
Hausarrest. Der 79-Jährige soll an Diabetes leiden und keinen Zugang zu entsprechender
Behandlung haben. Das Kirchenrecht der koptischen Orthodoxie verbietet die Weihung eines
neuen Patriarchen, wenn der Vorgänger noch lebt, außer er wurde in einem offiziellen
Kirchenkonzil offensichtlicher Sünde oder Häresie schuldig gesprochen. Vom ägyptischen
koptisch-orthodoxen Papst Shenoudah III., der bei der Ordination von Patriarch Antonios im
April 2004 den Vorsitz führte, wird dieser noch als legitimes Oberhaupt der eritreischen Kirche
anerkannt.
Hintergrund:
Patriarch Antonios ist der prominenteste der mindestens 2.000 eritreischen Christen, die
gegenwärtig ohne Gerichtsverfahren oder Anklage aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen
unter Arrest bzw. in Haft sind. Unter den Gefangenen, die in Gefängnissen, Polizeistationen
oder Militärlagern sitzen, gehören Dutzende von Pastoren und Priestern. In den vergangenen
neun Monaten meldete Compass den Tod von drei dieser Christen aufgrund schwerer
Misshandlungen. Die Verfassung Eritreas von 1997 garantiert Religionsfreiheit, Freiheit der
Gedanken und des Gewissens, Meinungsfreiheit sowie die Koalitionsfreiheit (Artikel 19).
Artikel 14 sichert Gleichheit und Antidiskriminierung zu. Doch diese Verfassung – nach westlichem Vorbild – ist noch nicht in Kraft getreten.
Im ostafrikanischen Eritrea schränkt die Regierung die Religionsfreiheit für staatlich nicht
erlaubte religiöse Gruppen scharf ein, verletzt aber auch die Rechte einiger registrierter
Gruppen. Im Mai 2002 erklärte Präsident Issayas Afewerki alle Angehörigen nicht erlaubter
Kirchen – darunter 35 evangelikale – zu Staatsfeinden. Nur die orthodoxe und die katholische
Kirche sowie die Lutheraner und der Islam sind anerkannt. Obwohl 2006 alle betroffenen
Gemeinden der Forderung der Regierung entsprochen haben, die offizielle Registrierung zu
beantragen, haben sie noch keine Antwort erhalten.
Compass Direct/OpenDoors