07.02.2008

Türkei: Karamanlis - Fortbestand des Patriarchats ist "EU-Pass für die Türkei"

Griechischer Ministerpräsident besuchte Ankara - Begegnung mit<br />Bartholomaios I. im Phanar vorgesehen

Türkei: Karamanlis - Fortbestand des Patriarchats ist "EU-Pass für die Türkei"

Griechischer Ministerpräsident besuchte Ankara - Begegnung mit
Bartholomaios I. im Phanar vorgesehen

 

Ankara/Türkei, 24.01.2008 (KAP) Der Fortbestand des Ökumenischen Patriarchats in Istanbul
ist nach den Worten des griechischen Ministerpräsidenten Konstantinos Karamanlis ein
wichtiges Kriterium für den Weg der Türkei in die EU. "Es ist ein EU-Pass", sagte Karamanlis
nach einem Gespräch mit seinem Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan in Ankara, wie die
türkische Presse am 24. Januar meldete.
Beim ersten offiziellen Besuch eines griechischen Regierungschefs in der Türkei seit 49 Jahren
spielt die schwierige Lage der orthodoxen Kirche auf türkischem Boden eine große Rolle.
Karamanlis wollte das Patriarchat im Phanar am Donnerstagnachmittag besuchen und mit
Patriarch Bartholomaios I. zusammentreffen.
Der griechische Ministerpräsident rief die Türkei auf, die seit mehr als 30 Jahren geschlossene
orthodoxe theologische Hochschule Chalki wieder zu öffnen. Nach türkischem Recht sind nur
türkische Staatsbürger als Geistliche zugelassen werden, da die Kirche keinen Nachwuchs
ausbilden kann, ist das Patriarchat in einer überaus schwierigen Lage".
Erdogan betonte, seine Regierung prüfe derzeit eine Wiedereröffnung; konkrete Details nannte
er nicht. Die Hochschule - eine der weltweit bedeutendsten orthodoxen Theologischen
Fakultäten - war in den siebziger Jahren geschlossen worden, als in der Türkei alle nichtstaatlichen
Hochschulen verboten wurden. Obwohl es inzwischen wieder viele private
Hochschulen gibt, bleibt Chalki weiter geschlossen.
Der Besuch des griechischen Regierungschefs - dessen Name seine Herkunft aus dieser
Volksgruppe deutlich macht - hat die Tragödie der Karamanli in Erinnerung gerufen. Durch die
absurden Bestimmungen der griechisch-türkischen Konvention vom 30. Jänner 1923 über den
"Bevölkerungsaustausch" (die in den Vertrag von Lausanne inkorporiert wurde) waren auch die
Karamanli gezwungen, ihre kleinasiatische Heimat zu verlassen. Aus türkischer Sicht werden
die Karamanli als Oghusen gesehen, die durch ihre politische Nähe zu den Byzantinern zum
Christentum konvertierten. Aus griechischer Sicht werden die Karamanli als Griechen
betrachtet, die türkisiert worden sind, aber ihren orthodoxen Glauben beibehalten haben.
Die Karamanli sprachen ein osmanisch geprägtes Türkisch mit griechischen Lehnwörtern und
mit sehr vielen alttürkischen Wörtern, wovon manche im heutigen Türkisch nur noch selten
Verwendung finden.
Die zunächst nur gesprochene Sprache wurde mit der Zeit schriftlich erfasst, wozu man das
griechische Alphabet verwendete (im osmanischen Kleinasien war es üblich, das Alphabet an
der Religion auszurichten; so gab es auch eine umfangreiche Literatur für islamisierte Griechen
in griechischer Sprache, die aber mit arabischen Buchstaben geschrieben wurde).
Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert schrieben die Karamanli - an deren Treue zum
"Großherrn" in Konstantinopel nie der geringste Zweifel bestand - handschriftliche orthodoxe
Literaturwerke. Ab 1718 wurden die Bücher der Karamanli gedruckt, im 19. Jahrhundert mehr
als 500 Werke, überwiegend Romane, religiöse Schriften und Geschichtsbücher. Ein Beispiel
für die eigenständige Literatur der Karamanli ist das Gedicht "Kayseria Mitropolitleri ve
Malumat-i-Mütenevvia" von 1896. Es beschreibt ihre Kultur, die von ihrer christlichorthodoxen
Religion, griechischen Schrift und türkischen Ethnie sowie ihrer osmanischen
Identität gekennzeichnet war. "Türkisch reden wir, mit griechischen Buchstaben schreiben wir",
lautet eine der Zeilen dieses historischen Lehrgedichts.
Von der Existenz der Karamanli künden heute in vielen anatolischen Städten nur mehr
Aufschriften an alten Häusern und schöne Grabkreuze mit Sinnsprüchen auf verfallenen
christlichen Friedhöfen.
Quelle: Katholische Nachrichtenagentur Kathpress (KAP),