19.01.2008
Groß-Britannien: Englischer Bischof sagt Muslime schaffen Tabu-Zonen
Der anglikanische Bischof von Rochester, Michael Nazir-Ali macht „Multi-Kulti“ für
mangelnde Integration verantwortlich.
L o n d o n (idea) - 8.01.08– Mit seiner Kritik an den Folgen von „Multi-Kulti“ hat ein
englischer Bischof scharfe Reaktionen ausgelöst. Ein führender Vertreter der Muslime fordert
den Rücktritt des anglikanischen Bischofs von Rochester, Michael Nazir-Ali. Der gebürtige
Pakistani hatte in der Zeitung Sunday Telegraph (London) vom 6. Januar unter anderem davor
gewarnt, dass sich überwiegend von Muslimen bewohnte Stadtviertel zu „Tabu-Zonen“ für
Bürger anderen Glaubens entwickeln.
Diese hätten Schwierigkeiten, dort zu arbeiten und zu leben, weil man ihnen feindlich begegne.
Es gebe Versuche, den islamischen Charakter solcher Viertel etwa durch den mit Lautsprechern
verstärkten islamischen Gebetsruf zu unterstreichen. Nazir-Ali macht dafür den Verlust der
christlichen Identität Großbritanniens verantwortlich, der durch eine multikulturelle Haltung
und durch den Säkularismus vorangetrieben werde. Man habe es den eingewanderten Bürgern
erleichtert, in abgegrenzten Gemeinschaften zu leben, nur ihre eigenen Sprachen zu sprechen
und ohne Beziehungen zur Bevölkerungsmehrheit zu existieren. Das Christentum als
öffentlicher Glaube sei in Großbritannien auf dem Rückzug. Der „Mischmasch“ der Religionen
führe zum Verlust jener Grundlagen, die Britannien groß gemacht hätten. Dazu gehöre die
biblische Lehre, dass allen Menschen gleiche Würde und Freiheit zustehe, weil sie als
Ebenbilder Gottes geschaffen seien.
Muslim-Rat kritisiert „Panikmache“
Führende Repräsentanten der Muslime in Großbritannien reagierten verärgert auf die
Ausführungen des Bischofs. Mohammed Shafiq von der Ramadan-Stiftung forderte den
Rücktritt des Kirchenmanns, weil er Hass gegen Muslime fördere. Ajmal Masroor von der
Islamischen Gesellschaft bezeichnete die Äußerungen als Verzerrung der Realität. In Wahrheit
seien die muslimischen Gemeinschaften heute viel stärker integriert als noch vor zehn Jahren.
Ibrahim Mogra, Sprecher des Muslimischen Rats, der jeglichen Terrorismus verurteilt, nannte
die Bemerkungen des Bischofs „alarmierend“. Nazir-Ali müsse Beweise für seine Behauptung
liefern, dass Muslime Tabu-Zonen einrichten, sagte er der ökumenischen Nachrichtenagentur
ENI. Sonst seien seine Worte nichts als „Panikmache“. Nazir-Ali erhielt aber auch
Unterstützung von einem Bischofskollegen. Der Bischof von Blackburn, Nicholas Reade,
erklärte, in nordenglischen Städten wie Blackburn und Burnley, wo 95 Prozent der asiatischen
Einwohner Muslime seien, sei das Leben für Christen schwierig geworden.
Muslimische Geistliche schlecht ausgebildet
Bemühungen, den Einfluss des Extremismus in den 1.350 britischen Moscheen einzudämmen,
werden der Londoner Tageszeitung The Times zufolge durch die mangelhafte Ausbildung
islamischer Geistlicher untergraben. Nach Angaben von Musharraf Hussain, eines
Regierungsberaters in Sachen Moscheen, sind die Absolventen von vielen der 26 islamischen
Seminare in Großbritannien zu schlecht ausgebildet, um der Entfremdung zu begegnen, die
einige Muslime offen für gewalttätigen Extremismus mache. Absolventen hätten unzureichende
Kommunikations- und Führungsqualitäten. Ihnen mangele es zudem an einem guten
Verständnis britischer Kultur. Eine Untersuchung an 300 Moscheen habe ergeben, dass nur 30
Prozent der Ansprachen beim Freitagsgeben auf Englisch gehalten würden. Etwa 2,8 Prozent
der 60 Millionen Einwohner Großbritanniens sind Muslime. Meist stammen sie von Einwanderern aus asiatischen Ländern des Commonwealth ab, etwa aus Pakistan oder
Bangladesch.