03.02.2009
Ägypten: Drei Jahre Zwangsarbeit für sechs Kopten wegen Öffnung eines Cafés im Ramadan
Richter ignoriert Videoaufnahme, die Polizeigewalt dokumentiert
Ägypten: Drei Jahre Zwangsarbeit für sechs Kopten wegen Öffnung eines Cafés im Ramadan
Richter ignoriert Videoaufnahme, die Polizeigewalt dokumentiert
IGFM / Port Said – Frankfurt am Main (3. Februar 2009) - Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) jetzt erfuhr, sind sechs koptische Brüder am 22. Januar zu drei Jahren Haft mit Zwangsarbeit verurteilt worden, weil sie im islamischen Fastenmonat Ramadan ihr Café tagsüber geöffnet hatten. Die sechs ägyptischen Christen waren im September von der Polizei mit Stöcken verprügelt und verhaftet worden. Die Beamten verwüsteten das Café in Port Said und warfen den Verhafteten angeblichen „Angriff auf Behördenvertreter“ vor.
„Nach ägyptischem Recht ist es nicht vorgeschrieben, im islamischen Fastenmonat Ramadan tagsüber Cafés und Restaurants zu schließen, zumal die religiöse Vorschrift zum Fasten nur für Muslime gilt und nicht für die große christliche Minderheit“, kritisiert Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM in Frankfurt. Die Eigentümer des von der Polizei verwüsteten Cafés, die Familie Ghatas, gehören alle zur koptischen Minderheit, der größten christlichen Bevölkerungsgruppe im Nahen Osten.
Misshandlung und Zerstörung der Existenzgrundlage durch die Polizei
Am 8. September 2008 drangen 13 Polizisten in das Café ein, schlugen die Inhaber mit Stöcken, warfen Tische um, zerstörten Stühle, Gläser und Wasserpfeifen. Zwei der Brüder erlitten Knochenbrüche an den Armen, ein weiterer erlitt eine Kopfverletzung, die mit elf Stichen genäht werden musste. Erst nach 30 Tagen wurden die verhafteten Kopten gegen eine Kaution von 12.000 ägyptischen Pfund (rund 1.680 Euro) freigelassen – das entspricht in etwa zwei mittleren Jahresgehältern.
Gericht ignoriert Video als Beweis der Verteidigung
Ein Passant hatte den gewalttätigen Übergriff der ägyptischen Polizei gefilmt. Richter, Mohammed Hassan El-Mahmody ließ das Video für sein Urteil jedoch völlig unberücksichtigt. Nach Einschätzung der IGFM ist straflose Willkür der in Ägypten omnipräsenten Polizei an der Tagesordnung. Der Fall der jetzt zu drei Jahren Zwangsarbeit verurteilten Kopten habe jedoch eine neue Qualität.
Der Anwalt der Verurteilten, Ramses el-Nagar, hat eine Frist von 30 Tagen, um Berufung gegen das Urteil einzulegen. Dies muss auch vor dem Hintergrund bewertet werden, dass die Polizei sehr oft Druck ausübt, um Kopten dazu zu zwingen, unfaire Situationen zu akzeptieren, kritisiert die IGFM. So haben Polizeiopfer Angst davor, die Polizei vor Gericht anzuklagen.