05.02.2009

Leitartikel: Religionsfreiheit muss erstes Ziel internationaler Diplomatie sein

Der Glaube kann für Weltfrieden eine strategisch wichtige Rolle spielen

Leitartikel: Religionsfreiheit muss erstes Ziel internationaler Diplomatie sein

Der Glaube kann für Weltfrieden eine strategisch wichtige Rolle spielen

ROM, 5. Februar 2009 (ZENIT.org).- Das die Praxis eines religiösen Bekenntnis zur entscheidenden Kraft zur Förderung des Friedens und der Lösung von Spannungen sein kann, wird in internationalen Einrichtungen und auf politischer Ebene immer mehr ins Gespräch gebracht.

Die Integration des Glaubenspotentials in politisch relevante Entscheidungen ist ein Anliegen, das der Amerikaner Thomas F. Farr unterstreicht.

In seinem kürzlich auf Englisch veröffentlichten Buch bringt Farr 21 Jahre Erfahrung im auswärtigen Dienst der Vereinigten Staaten mit ins Spiel, wenn er die Wichtigkeit des Kampfes für Religionsfreiheit in der Diplomatie unterstreicht.

Die Sachkenntnis für sein vor kurzem veröffentlichtes Buch mit dem Titel: „Eine Welt des Glaubens und der Freiheit („World of Faith and Freedom”) wird ergänzt durch seine Arbeit als Leiter des Amtes für internationale Religionsfreiheit (Office of International Religious Freedom) des Außenministeriums in den Jahren 1999 bis 2003.

Farr überprüft dabei in seinem Buch die konkreten Vorgänge der US Diplomatie der letzten Regierung. Sowohl der Botschafter der Vereinigen Staaten für Afghanistan als auch das State Department (Außenministerium) hatten 2004 versichert, dass die afghanische Verfassung Religionsfreiheit garantieren werde.

Tatsache ist, so Farr, das die neue Verfassung eine Form von Islamischen Extremismus im Gesetzeswerk Afghanistans nicht nur bewahrt sondern auch schützt. Die Verantwortlichen im auswärtigen Amt der USA hatten dem Faktor Religion bzw. Religionsfreiheit einfach nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt.

Diese Vernachlässigung des Faktors Religion habe, so Farr, weit reichende Konsequenzen.

Der Beitrag, den Religion und ihre freie Praxis für Gesellschaft und Zivilisation leiste, mache sie zu einer wichtigen Komponente, wenn es darum gehe, eine stabile unabhängige Regierung zu gewährleisten.

Als gutes Beispiel für den starken Einfluss der Religion führt Farr die derzeitigen Ereignisse in China an: In dem Maße wie die wirtschaftliche und militärische Macht Chinas wachse, explodiere die Zahl bekennender Anhänger von Religion.

Aus Furcht vor den Auswirkungen dieses Zuwachses habe die chinesische Regierung besonders die Gläubigen christlicher Bekenntnisse heftig verfolgt. Da aber die Zahl der Anhänger christlicher Kirchen weiterhin wachse, müsste die chinesische Obrigkeit, einen Weg finden, sich mit der Religion zu arrangieren. Die Alternative wäre eine gefährliche Instabilität in der Bevölkerung und innenpolitischen Lage.

Die in den USA gängige Trennung von Religion und öffentlichem Leben habe, so Farr, ihren Ursprung in der Trennung von Religion und Staat, die in der amerikanischen Verfassung verankert ist.

Außerdem fürchten die Diplomaten, dass die absoluten Wahrheiten, die jede Religion vertritt, die Kompromisse, die in einer demokratischen Regierungsform notwendig sind, gefährden könnten. Deshalb müss Religion streng aus dem öffentlichen Bereich ausgeschlossen werden.

Daher, so Farr, wird die ganze Frage der Religionsfreiheit vom größten Teil der im auswärtigen Dienst Tätigen für ein humanitäres Problem gehalten. Dabei wird der Faktor Religion als Indikator für tiefe kulturelle und politische Probleme in den USA weitgehend ignoriert.

Als einschlägiges Beispiel führt Farr eine Erklärung aus dem Jahr 2006 an. Ein Ausschuß für Lehrpläne der Harvard University unterstreicht, das Hochschulabsolventen für ihre Prüfungen nicht über die Rolle der Religion in zeitgenössischen oder historischen Ereignissen unterrichtet werden sollten.

Was die Verantwortlichen der Vereinigten Staaten vielmehr dringend tun sollten, so Farr: Sie sollten sich mit den öffentlichen Auswirkungen der Religion, ob sie nun positiv oder negativ sind, befassen. Religionsfreiheit msse durch diplomatische Verhandlungen gefördert werden. Ein stabiles Gleichgewicht zwischen den sich überschneidenden religiösen und staatlichen Instanzen erreichen werden.

Farr untersucht auch die Bilanz der Vereinigten Staaten seit der Zustimmung zum International Religious Freedom Act (Gesetz über die internationale Religionsfreiheit)aus dem Jahr 1998. Im Prinzip verpflichte dieses Gesetz die USA zur Förderung der Religionsfreiheit in der ganzen Welt.

In der Praxis jedoch, beklagt Farr, habe die Regierung wenig getan, um eine solche Politik aktiv voranzubringen. Das Außenministerium habe sein Interesse auf die Religionsverfolgung beschränkt und seine Aufgabe darin gesehen, die wegen ihres Glaubens gefangen gehaltenen Menschen zu befreien.

Zu oft beschränke sich der Kampf gegen die Religionsverfolgung auf rhetorische Verurteilungen. Außerdem genüge es nicht, nur gegen die Religionsverfolgung zu kämpfen, vielmehr sei eine einheitliche klare Strategie zur Förderung der religiösen Freiheit nötig.

Religionsfreiheit beinhalte nicht nur die Freiheit von ungerechter Gefangenschaft oder Verfolgung, sondern zu ihr gehöre auch das Recht, innerhalb der Grenzen, die auch für andere Individuen und Gruppen gelte, öffentlich zu handeln und zur Gestaltung der Rechtsordnung beizutragen.

Religionsfreiheit bedeute weiterhin, dass die Ansprüche beider, der Religion und des Staates, ständig wieder miteinander versöhnt und ausbalanciert werden, indem man beiden Grenzen setzt.

Die Durchsetzung einer solchen Art von Religionsfreiheit sei alles andere als leicht, gibt Farr zu: „Wir müssen in der Lage sein, den Standpunkt begründen zu können, dass bei Gesellschaften, die gewillt sind, Demokratien zu errichten, die sich auf Religionsfreiheit stützen, die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass sie von Dauer sind, dass es ihren Bürgern gut geht und dass ihre Religionsgemeinschaften einen rechtmäßigen Einfluss auf die demokratische Politik haben,“ so Farr.

Das ist keine leichte Aufgabe, weder für Amerika noch irgendein anderes Land, aber eine Aufgabe, die zweifellos grundlegend für die Gewährleistung einer friedlicheren Welt ist.

[Von P. John Flynn LC. Übersetzung von Christine und Gerhard Gutberlet]