19.06.2009

Moldawien: Regierung verstößt wiederholt gegen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

AKREF/JJ - 20.6.2009 - Moldawien verweigert weiterhin Religionsgemeinschaften verschiedenster Glaubensrichtungen die Anerkennung als rechtmäßig bestehende Körperschaften, obwohl die ehemalige Sowjetrepublik durch zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg dazu verpflichtet wurde. Der Staat hat protestantischen und islamischen Gemeinschaften wiederholt die Registrierung verweigert, ebenso einzelnen Pfarren des bessarabischen Zweiges der Rumänisch Orthodoxen Kirche und der Ukrainisch Orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats. Auch die Russisch Orthodoxe Kirche im Ausland wirkt derzeit in Moldawien ohne staatliche Registrierung. Ohne rechtlichen Status kann eine Gemeinschaft keinen Grund erwerben und keine Versammlungsstätten bauen oder mieten, kein Bankkonto eröffnen, etc.

Viktor Pavlovski, der Vizepräsident des Bundes der Pfingstgemeinden erklärte, dass die Registrierung viel schwieriger geworden ist, seit dem das Justizministerium nach dem Inkrafttreten des neuen Religionsgesetzes 2008 die Verantwortung für die Registrierung von Religionsgemeinschaften übernommen hat. „Wir konnten seither keine neuen Ortsgemeinden mehr registrieren“, erklärte er am 1. Juni gegenüber Forum 18. Er berichtete, dass man für vier neue Ortsgemeinden Registrierungsanträge gestellt hatte, diese jedoch abgelehnt wurden. „Sie finden immer wieder etwas, das wir verbessern müssen“, erklärte Pavlovski und fügte hinzu, dass diese vier Gemeinden und einige andere nur schwer ohne staatliche Registrierung tätig sein können. „Sie sind durch den Bund der Pfingstgemeinden gedeckt, aber das bedeutet, der Bund muss alles für sie tun, vom Kauf eines Gebäudes bis zum Bezahlen der Rechnungen. Wenn sie eine Stromrechnung bezahlen müssen, müssen sie diese zu uns in die Hauptstadt bringen und wir müssen sie für sie bezahlen. Das ist teuer und kompliziert.“ Weiters erklärte Pavlovski, dass die Bürgermeister der Orte, an denen sich diese Gemeinden befinden, diese nicht anerkennen, weil sie nicht registriert sind. „Wir müssen kommen und ihnen erklären, dass sie zu unserem Bund gehören.“

Die Pfingstgemeinden haben auch versucht, das Haus der Hoffnung registrieren zu lassen, ein Rehabilitationszentrum für Frauen, die Opfer von Menschenschmugglern geworden sind. Dieses Projekt ist integrierender Bestandteil des Bundes, doch die Regierung hat die Registrierung bisher mit der Begründung verweigert, dieses müsse als „Nichtregierungsorganisation“ registriert werden. „Aber wenn wir das Zentrum als soziale Organisation oder NGO registrieren, dürfen wir keinerlei religiöse Elemente in unsere Arbeit einfließen lassen, wie Gebet oder den Gebrauch der Bibel“, erklärte Pavlovski.

Ion Miron, der Generalsekretär des Baptistenbundes, erklärte, dass seit der Übernahme der Registrierungen durch das Justizministerium keine Gemeinde seines Bundes registriert wurde. „Mehr als fünfzig unserer Gemeinden möchten sich registrieren lassen und haben es auch schon versucht, doch ihre Anträge wurden abgelehnt. Diese Ablehnungen werden immer mündlich mitgeteilt, nicht schriftlich“, erklärte Miron. Er berichtete, dass das Justizministerium in manchen Fällen nicht nur die persönlichen Daten und die Unterschrift der 100 geforderten Gründungsmitglieder auf dem Registrierungsantrag verlangt, sondern Daten und Unterschriften von allen erwachsenen Mitgliedern fordert, auch wenn es mehr als 1000 sind. Weiters verlangt das Ministerium nach den Angaben Mirons, dass sich der Baptistenbund und auch die bereits vor Inkrafttreten des neuen Religionsgesetzes registrierten Baptistengemeinden neu registrieren lassen. Er erklärte: „Sie bestehen darauf, dass sich jede einzelne Gemeinde vollkommen neu registrieren lässt, stellen Sie sich das vor. Das Gesetz hat keine rückwirkende Kraft und wir halten es nicht für nötig, uns neu registrieren zu lassen. Deshalb haben wir es nicht getan.“ Forum 18 ist nichts darüber bekannt, dass eine ähnliche Forderung nach Neuregistrierung eines Bundes oder einzelner Pfarren oder Gemeinden an eine andere Religionsgemeinschaft herangetragen worden wäre.

Über Repressalien beim Versuch, seine Gemeinschaft registrieren zu lassen, berichtet Talgat Masaev, ein Vertreter einer islamischen Gemeinschaft. Er berichtet, der zuständige Beamte sei „sehr unangenehm“ gewesen und habe ihn „wie einen kleinen Jungen“ behandelt. „Er fragte mich, warum ich einen solchen Bart trage.“ Masaev berichtet weiter, dass die Unterzeichner der Registrierungsanträge private Telefonanrufe bekamen, vermutlich von dem selben Beamten, obwohl ihre Telefonnummern im Registrierungsantrag nicht angegeben waren. Bei diesen Anrufen wurden teilweise Druck erzeugende Fragen gestellt wie: „Haben Sie denn keine Angst?“ Drei der Unterzeichner aus der Stadt Cahul im ‚Süden des Landes wurden vom örtlichen Polizeichef vorgeladen. Einige Tage nach Einbringung des Registrierungsantrags erschienen Beamte der Finanzinspektion bei Masaev und kontrollierten eine von ihm geleitete karitative Einrichtung. Dabei fanden sie einen Fehlbetrag von 5 Lei unbezahlter Steuer. Daraufhin wurde eine Geldstrafe gegen Masaev verhängt. „Natürlich hatte das mit unserem Registrierungsantrag zu tun“, kommentierte er den Besuch der Finanzbeamten und dessen Folgen.

Quelle: Forum 18 News Service, Oslo

Übersetzung: AK Religionsfreiheit der Evangelischen Allianz