05.10.2009

Deutschland: Muslimischer Metzger darf vorerst ohne Tierarzt betäubungslos schlachten

Karlsruhe (epd Nr. 67 / 05.10.09)  Ein muslimischer Metzger aus dem Raum Gießen darf vorerst Rinder und Schafe ohne Anwesenheit eines Tierarztes und ohne Betäubung schlachten. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss der Verfassungsbeschwerde des Metzgers stattgegeben. Die 3. Kammer des Ersten Senats sah in dem Eilverfahren den verfassungsrechtlichen Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes des Mannes nicht gewährleistet.(Az.: 1 BvR 1702/09)

In mehreren gerichtlichen Verfahren bis hin zum Bundesverwaltungsgericht und Bundesverfassungsgericht hatte der Metzger in der Vergangenheit sich Ausnahmegenehmigungen zum betäubungslosen Schlachten, dem sogenannten Schächten, erstritten. Für das Jahr 2009 hatte der zuständige Landkreis noch nicht über eine Ausnahmegenehmigung entschieden.

Das Verwaltungsgericht Gießen bestimmte im Eilverfahren, dass der Metzger pro Woche zwei Rinder und 30 Schafe schächten darf, allerdings nur unter Anwesenheit eines Amtstierarztes. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hatten diesen Beschluss wieder aufgehoben und den Eilantrag des Metzgers abgelehnt. Es müsse erst das Hauptsacheverfahren abgewartet werden. Die Karlsruher Richter hielten die Entscheidungen der Vorinstanzen für verfassungswidrig. Dem muslimischen Metzger müsse im Eilverfahren das Schächten ermöglicht werden. Da die Genehmigung zum Schächten immer nur für ein Kalenderjahr erteilt würden, könne es sein, dass bis zur abschließenden behördlichen und gerichtlichen Entscheidung Jahre vergehen. Der Metzger könne jedoch bei einer verspäteten Genehmigung nicht Schächtungen "nachholen". Dies sei dem Mann nicht zuzumuten. Außerdem habe das Verwaltungsgericht Gießen den Landkreis nicht dazu verpflichtet, dass dieser beim Schächten einen Tierarzt stellen musst. Der Metzger könne daher die gerichtliche Anordnung, dass ein Tierarzt beim Schächten anwesend sein muss, nicht ohne das Mitwirken des Landkreises befolgen. Damit werde der Grundsatz des vorläufigen Rechtsschutzes verletzt, so die Karlsruher Richter.

Der Streit beschäftigt die Gerichte mittlerweile seit rund 15 Jahren. Das Bundesverfassungsgericht hatte zwar 2002 das Verbot des im Islam üblichen Schlachtens ohne Betäubung in Deutschland aufgehoben, daran allerdings strenge Auflagen geknüpft. Beim Schächten handelt es sich um eine Schlachtmethode, bei dem einem Tier ohne vorherige Betäubung die Halsschlagader und die Luftröhre bis zur Wirbelsäule durchtrennt wird. (2259/02.10.2009)