02.12.2010

Deutschland: Meinungsumfragen: starke Vorbehalte gegen den Islam

Die Deutschen zeigten bei allen Fragen nach ihrer persönlichen Haltung gegenüber Muslimen wesentlich stärkere Vorbehalte als die Dänen, Holländer, Franzosen und Portugiesen. Dies ergab eine Studie zur Akzeptanz religiöser Vielfalt, die in den genannten Ländern durchgeführt wurde. Von Mechthild Küpper, Berlin

Deutschland: Meinungsumfragen: starke Vorbehalte gegen den Islam

Die Deutschen zeigten bei allen Fragen nach ihrer persönlichen Haltung gegenüber Muslimen wesentlich stärkere Vorbehalte als die Dänen, Holländer, Franzosen und Portugiesen. Dies ergab eine Studie zur Akzeptanz religiöser Vielfalt, die in den genannten Ländern durchgeführt wurde.

Von Mechthild Küpper, Berlin

 

In Westdeutschland haben nur 34 Prozent und in Ostdeutschland 26 Prozent eine positive Einstellung zu Muslimen.

Gegenüber nicht-christlichen Religionen sind Deutsche intoleranter als Dänen, Holländer, Franzosen und Portugiesen. Das ist das Ergebnis von repräsentativen Umfragen in den fünf europäischen Ländern, wobei der großen Unterschiede in dieser Frage in Ost- und Westdeutschland wegen die beiden Teile der Bundesrepublik getrennt befragt wurden.

Das seit 2007 von Bund und Land mit 37 Millionen Euro geförderte Exzellenzcluster zu „Religion und Politik“ der Universität Münster, in dem 200 Wissenschaftler arbeiten, hat im Sommer 2010 die repräsentative Befragung von jeweils tausend Bürgern durch das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid mit standardisierten Telefoninterviews in Auftrag gegeben. Am Donnerstag stellte der Religionssoziologe Detlef Pollack die Ergebnisse in Berlin vor. 

Knapp 30 Prozent der Deutschen haben negative Meinung von Juden

Die Deutschen, sagte Pollack, bemühten sich zwar um Respekt gegenüber anderen Religionen. So stimmten in Westdeutschland über 80 Prozent der Aussage zu: „Man muss alle Religionen respektieren“. Doch in den anderen europäischen Ländern sei die Zustimmung zu diesem Satz noch höher, bei etwa 90 Prozent.

Und die Deutschen zeigten bei allen Fragen nach ihrer persönlichen Haltung gegenüber Muslimen und deren Glaubensausübung wesentlich stärkere Vorbehalte als die Dänen, Holländer, Franzosen und Portugiesen. Niederländer denken zu 62 Prozent positiv über Muslime, Franzosen zu 56 Prozent, Dänen zu 55 Prozent. Doch in Westdeutschland haben nur 34 Prozent und in Ostdeutschland 26 Prozent eine positive Einstellung zu Muslimen.

Auch die Haltung zu Juden ist in Deutschland viel negativer als in den anderen Ländern: In Westdeutschland haben 28,2 und in Ostdeutschland 29,4 Prozent der Befragten eine „eher“ oder „sehr“ negative Meinung von ihnen. Dabei haben in Westdeutschland nur 25 und in Ostdeutschland nur elf Prozent der Befragten „sehr viel“ oder „etwas“ Kontakt zu Juden. Auffällig ist, dass in Frankreich, wo zwei Drittel der Bevölkerung „sehr viel“ oder „etwas“ Kontakt zu Muslimen hat, 56 Prozent eine positive Meinung von Muslimen haben. Das spricht nach Pollacks Auffassung dafür, dass die Kontakthäufigkeit der wichtigste, wenn auch nicht der einzige Faktor ist. Die Minderheit der Deutschen, die Kontakte zu Muslimen hat, empfindet diese überwiegend (zu über 60 Prozent) als „sehr“ oder „eher“ angenehm.

42 Prozent der Deutschen möchten Religionsausübung der Muslime stark einschränken

Bei der Frage, ob man den Bau von Moscheen und Minaretten befürworte, wird der Abstand der Deutschen zu den anderen europäischen Ländern besonders auffällig. Ja zu neuen Moscheen sagen 28,4 Prozent der West- und 19,5 Prozent der Ostdeutschen, aber 55,4 Prozent der Dänen, 65,6 der Franzosen, 67,1 der Holländer und 73,5 Prozent der Portugiesen. Ja zum Bau von Minaretten sagen 53,4 Prozent der Portugiesen, 50,1 Prozent der Niederländer, 42,9 Prozent der Franzosen und 27 Prozent der Dänen - und 18,1 Prozent der West- und 12,1 Prozent der Ostdeutschen.

42 Prozent der Deutschen möchten die Religionsausübung der Muslime stark einschränken, nur etwa die Hälfte will, dass alle Religionen die gleichen Rechte genießen. Hoch, wenn auch nicht wesentlich höher als anderswo, ist die Zustimmung der Deutschen zu unangenehmen Assoziationen mit dem Stichwort Islam: Es beginnt mit der Stellung der Frau, geht über Fanatismus und Gewaltbereitschaft bis zur Engstirnigkeit. Entsprechend gering ist die Zustimmung zu positiven Assoziationen wie Friedfertigkeit, Toleranz, Achtung der Menschenrechte und Solidarität.

Auf die Frage, ob die westliche Welt die muslimische Welt respektiere, antworteten die Ostdeutschen und die Dänen mit knapp vierzig Prozent, in den anderen Ländern lag die Zustimmung dazu bei mehr als 40 und in Frankreich bei mehr als 50 Prozent. Zwischen 60 Prozent (Frankreich) und 83,6 Prozent (Niederlande) Zustimmung aber erreichte die Auffassung, umgekehrt sei dies nicht der Fall. Deutschland habe, was das Aushandeln von Regeln für das Zusammenleben mit Fremden angeht, einen ausgeprägten Nachholbedarf gegenüber anderen europäischen Ländern, sagte Pollack.

Deutschland in der Integrationspolitik „auf ganz gutem Weg“

In Holland sei seit dem Mord an Theo van Gogh viel Energie in die Integrationspolitik gesteckt worden, dort habe man schließlich auch Forderungen an die Einwander formuliert. Um die 80 Prozent der befragten Europäer stimmten der Auffassung zu, die im Westen lebenden Muslime müssten sich „unserer Kultur anpassen“. Die Mehrheit ist der Ansicht, die religiöse Vielfalt in Europa stellte eine Konfliktursache dar. Durch „fremde Kulturen/Nationen bedroht“ fühlen sich 50,1 Prozent der Ostdeutschen, andere empfinden die Situation nicht so stark als Bedrohung.

Die Umfrage erlaube den Schluss, dass der Satz „Der Islam gehört zu unserer Kultur“ polarisiere, sagte Pollack. Zutreffender laute er wohl: „Die Muslime gehören zu unserer Kultur“. In Deutschland existiere zwar ein Potential für eine rechtspopulistische Partei, doch sei noch ungewiss, ob sich die kulturellen Konflikte politisieren würden. Er sehe Deutschland in der Integrationspolitik „auf ganz gutem Weg, die Probleme sind bekannt, die Auseinandersetzung hat begonnen, Entspannung ist angesagt“.

F.A.Z.