15.12.2010

Weihnachtsinsel: Flüchtlingsboot zerschellt an Klippen

Die Flüchtlinge wollten auf die Weihnachtsinsel. Ihr Holzboot ist bei rauer See untergegangen, Rettungsversuche von Einheimischen blieben ohne Erfolg: "Wir warfen Leinen aus, aber keiner konnte sie ergreifen."

Nach dem Untergang eines Flüchtlingsschiffs in stürmischer See vor der australischen Küste sind am Dienstag mindestens 27 Migranten ertrunken, berichtet der australische Grenzschutz. Bei rauer See ist das Holzboot an den Klippen der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean zerschellt. "Eine Reihe von Menschen wurde gerettet, aber traurigerweise wurden auch einige Leichen gefunden", sagte der stellvertretende australische Premierminister Wayne Swan in Sydney.

42 Flüchtlinge konnten demnach bis zum frühen Abend (Ortszeit) lebend aus dem Wasser gezogen werden. Ein weiterer habe sich selbst in Sicherheit bringen können. Der Rettungseinsatz solle noch bis zum Einbruch der Dunkelheit weitergehen. Angesichts der stürmischen See seien die Bedingungen jedoch "sehr schwierig und gefährlich", hieß es in einer Mitteilung der Behörde. Nach Angaben der Organisation Fliegende Ärzte könnten bis zu 50 Menschen bei dem tragischen Unglück ums Leben gekommen sein. Nach Angaben von Flüchtlingsvertretern stammte das Boot aus dem Irak oder dem Iran. Es sollen zahlreiche Frauen und Kinder an Bord gewesen sein.

"Niemand konnte die Leinen ergreifen"

Aufgeschreckt von den Schreien der Flüchtlinge seien er und andere Bewohner an die Felsküste geeilt, erzählte Augenzeuge Simon Prince. Eine Stunde lang sei das klapprige Boot nach einem Motorausfall auf den hohen Wellen umhergetrieben. Ein Mann habe sich noch durch einen "unglaublichen Sprung" retten können, bevor das Holzschiff an einem Felsen zerschellte.

Ein anderer Inselbewohner erzählte australischen Reportern, er habe hilflos zusehen müssen, wie das Holzboot der Flüchtlinge von einer Drei-Meter-Welle gegen die Felsen geworfen wurde. Dabei sei das Fischerboot in Stücke gerissen worden. Wegen des starken Seegangs sei es unmöglich gewesen, den Ertrinkenden zu helfen.

"Wir warfen Leinen und Schwimmwesten aus, doch niemand konnte die Leinen ergreifen", sagte ein Mitglied des Bezirksrats der Insel, Kamar Ismail, der Zeitung "The West Australian". "Welle auf Welle traf ein und das Meer war sehr, sehr rau. Die Felsen sind dort sehr scharf und die Klippen sehr steil." Es sei eine schreckliche Situation gewesen, doch trotz aller Anstrengungen sei es nicht gelungen, viele der Opfer zu retten.

Insel ist begehrtes Ziel von Asylsuchenden

Christmas Island (Weihnachtsinsel) liegt rund 350 Kilometer südlich der indonesischen Insel Java und etwa 1500 Kilometer nordwestlich der australischen Festlandsküste. Wegen ihrer Nähe zu Indonesien ist die Insel immer wieder Ziel von Asylsuchenden. Auf der Insel befindet sich daher eines von Australiens wichtigsten Aufnahmelager für Flüchtlinge.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR erklärte, das Flüchtlingsdrama sei "eine tragische Erinnerung an die Gefahr, der sich Menschen auf der Flucht vor Verfolgung und Menschenrechtsverletzung in ihrer Heimat aussetzen". Den Menschen müssten "brauchbare Alternativen" geboten werden, damit sie sich nicht auf solch halsbrecherische Reisen begäben, erklärte der australische Chef von Amnesty International, Andrew Beswick.

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