17.11.2010

Iran: Prozess gegen berühmte Menschenrechtsanwältin vertagt

IGFM: "Leitfigur der iranischen Demokratie- und Menschenrechtsbewegung: Blutergüsse im Gesicht, auf ca. 40 kg abgemagert" Freiheit für Nasrin Sotoudeh fordert die iranische Friedensnobelpreisträgerin, Shirin Ebadi. International Campaign for Human Rights in Iran

Iran: Prozess gegen berühmte Menschenrechtsanwältin vertagt

IGFM: "Leitfigur der iranischen Demokratie- und Menschenrechtsbewegung: Blutergüsse im Gesicht, auf ca. 40 kg abgemagert" Freiheit für Nasrin Sotoudeh fordert die iranische Friedensnobelpreisträgerin, Shirin Ebadi. International Campaign for Human Rights in Iran

 

Frankfurt am Main (16. November 2010) - Der Prozess gegen Nasrin Sotoudeh, die nach Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi prominenteste iranische Menschenrechtsanwältin, ist gestern auf den 24. November vertagt worden. Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, ist die Anwältin auf ca. 40 kg Gewicht abgemagert und trägt großflächige Blutergüsse im Gesicht. Nasrin Sotoudeh wird seit dem 4. September 2010 im berüchtigten Evin-Gefängnis in der vom Geheimdienst kontrollierten Abteilung 209 gefangen gehalten. 

Die Verhandlung fand unter der Leitung von Richter Pir-Abbasi in der Abteilung 26 des Teheraner Islamischen Revolutionsgerichtes statt. Auf Grund von Beanstandungen der Anwälte wurde die Verhandlung auf den 24. November vertagt. Obwohl die Behörden die Verhandlung offiziell als "öffentlich" bezeichneten, durfte nicht einmal Sotoudehs Ehemann, Reza Khandan, den Saal betreten.

Anklage u.a. wegen Zusammenarbeit mit Menschenrechtlern

Nasrin Sotoudeh hatte nach der gefälschten iranischen Präsidentenwahl vom 12. Juni 2009 und den darauf folgenden Massenprotesten und Massenverhaftungen über 100 Aktivisten der iranischen Demokratiebewegung Rechtsbeistand geleistet. Jetzt wurde sie selbst von vier bekannten Anwälten verteidigt, darunter Abdolfattah Soltani, der mit Shirin Ebadi und wenigen anderen Irans einzige Menschenrechtsorganisation, das "Zentrum für Menschenrechtsverteidiger", gegründet hatte. Nach Angaben der IGFM wurde das Zentrum wiederholt geschlossen und ist seit langem verboten. Praktisch alle Aktiven des Menschenrechtszentrums wurden entweder verhaftet oder auf andere Art und Weise drangsaliert und eingeschüchtert. Soltani, der unter anderem Träger des Nürnberger Menschenrechtspreises ist, war selbst mehrere Monate in Haft.

Die Anklage wirft Nasrin Sotoudeh unter anderem die Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Menschenrechtsverteidiger sowie "Propaganda gegen den Staat", "Verdunkelung" und "Versammlungen gegen die nationale Sicherheit" vor. Ihre drei weiteren Verteidiger, Mahnaz Parakand, Mina Jafari und Nasim Ghanavi sind ebenfalls berühmte Menschenrechtsverteidiger im Iran.

Isolationshaft und Hungerstreiks

Nasrin Sotoudeh war zeitweise in der Haft "verschwunden" und von der Außenwelt völlig isoliert. Zweimal befand sich im Hungerstreik für die Durchsetzung ihrer Rechte, die ihr nach den Gesetzen des Iran zustehen. Über mehrere Tage verweigerte sie sogar jede Art von Flüssigkeit, um den Kontakt zu ihrer Familie und zu ihrem Anwalt durchzusetzen. Auf den dringenden Wunsch ihrer Familie soll sie gestern ihren Hungerstreik beendet haben.

Einsatz für Frauenrechte

 

Nasrin Sotoudeh, zweifache Mutter, ist auch eine Aktivistin der Eine-Million-Unterschriften-Kampagne für Frauenrechte im Iran. So setzte sie sich gegen das sogenannte "Familienschutzgesetz" ein, das derzeit vom iranischen Parlament geprüft wird. Das Gesetz soll Männern ermöglichen, ohne Einwilligung ihrer Ehefrau weitere Frauen zu heiraten. Der Gesetzesvorschlag wird u. a. von iranischen Frauenrechtlerinnen als Förderung der Vielehe und weiterer Beschneidung der Frauenrechte scharf kritisiert. Präsident Ahmadinedschad unterstützt den Entwurf.

Weitere Informationen zu Menschenrechten im Iran finden Sie unter:

www.igfm.de/Menschenrechtsverletzungen-in-der-Islamischen-Republik-Iran.573.0.html