21.11.2010

Afghanistan: Opfer von Konvertitenjagd steht ab Sonntag vor Gericht

"Wie ein Schaf allein unter 400 schrecklichen Wölfen"

Afghanistan: Opfer von Konvertitenjagd steht ab Sonntag vor Gericht

"Wie ein Schaf allein unter 400 schrecklichen Wölfen"

KELKHEIM, 19. November 2010 (ZENIT.org).- An diesem Sonntag, den 21. November, muss der 45-jährige afghanische Christ Said Musa vor Gericht, wie die Hilfsorganisation Open Doors berichtet. Der Ex-Muslim ist seit Ende Mai ohne Bekanntgabe der Vorwürfe gegen ihn in einem afghanischen Gefängnis. Bislang ließ sich kein Anwalt finden, der bereit wäre, ihn zu vertreten. Der ehemalige Muslim kam vor acht Jahren zum christlichen Glauben. Er war 15 Jahre lang für das Internationale Rote Kreuz in Kabul tätig.

Der beinamputierte Mann passte für die Organisation Prothesen an. Er und seine Frau haben sechs Kinder. Am 31. Mai wurde Musa verhaftet, nachdem der Fernsehsender Noorin Fernsehbilder einer Taufe von Muslimen, die zum Christentum konvertiert sind, gezeigt hatte. Ihre Gesichter wurden in dem Beitrag offen gezeigt. Die Reportage hatte drastische Reaktionen bis in höchste Regierungskreise des streng islamischen Landes ausgelöst.

So hatte der stellvertretende Parlamentspräsident gefordert: "Die Afghanen, die in dem Video gezeigt wurden, sollten verhaftet und öffentlich hingerichtet werden". Das afghanische Parlament ordnete eine Untersuchung an. Hunderte verärgerter Studenten demonstrierten in der Hauptstadt Kabul. Etliche Christen muslimischer Herkunft flohen in der Folgezeit aus dem Land oder tauchten unter. Zwar kam es infolge der Unruhen zu mehreren Festnahmen, doch bislang ist nur Said Musa offiziell angeklagt worden. 

Wie der Informationsdienst Compass Direct berichtet, wurde Musa im Juni dieses Jahres gezwungen, im Fernsehen öffentlich seinem christlichen Glauben abzuschwören. Daraufhin wurde er jedoch nicht aus dem Ouliat-Gefängnis in Kabul entlassen.

In einem Brief aus dem Gefängnis bat er die Christen weltweit, US-Präsident Barack Obama und die Führer der ISAF-Truppen in Afghanistan um Gebet und Hilfe. Er werde von Gefängniswärtern und Mithäftlingen sexuell missbraucht, misshandelt und gedemütigt. Er sei in einem "sehr, sehr schlechten Zustand" und fühle sich "wie ein Schaf allein unter 400 schrecklichen Wölfen". Musa fleht die internationale Gemeinschaft an, für ihn zu beten und ihn zu retten, "sonst werden sie mich töten". Er bereue, seinen Glauben an Jesus öffentlich verleugnet zu haben. Der Staatsanwalt habe von ihm ein Bestechungsgeld verlangt und dem Richter einen falschen Bericht über ihn gegeben. Nur Tage nachdem der Brief in Umlauf kam, wurde mit stiller Diplomatie seine Verlegung in ein Haftzentrum auf dem Gelände des Gouverneurs von Kabul erreicht.

Afghanistan gehört zu den zehn Ländern, in denen Christen am stärksten verfolgt werden. Auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors belegt das streng islamische Land Platz 6. Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit und damit die persönliche Wahl der Religion oder ein Religionswechsel wird muslimischen Afghanen verwehrt. Der Islam ist Staatsreligion. Obwohl in der Verfassung Religionsfreiheit garantiert wird, ist verboten, was "im Widerspruch zu den Überzeugungen und Vorschriften der heiligen Religion des Islam steht". Die islamische Rechtsordnung Scharia sieht für den "Abfall vom Islam" (Apostasie) die Todesstrafe vor. Unter den 27 Millionen Einwohnern leben etwa 10.000 Christen, darunter auch Afghanen muslimischer Herkunft.