01.03.2011
Pakistan: Mord am Minderheitenminister Bhatti: „Ein tragischer Beweis für die Intoleranz in unserem Land"
Vatikan :Schutz der Religionsfreiheit und der verfolgten Christen ist dramatisch wichtig
Pakistan: Mord am Minderheitenminister Bhatti: „Ein tragischer Beweis für die Intoleranz in unserem Land"
Vatikan :Schutz der Religionsfreiheit und der verfolgten Christen ist dramatisch wichtig
ROM/LAHORE, 2. März 2011 (ZENIT.org).- Trauer und Entsetzen herrschen unter den Christen in Pakistan: der Katholik und Minister für religiöse Minderheiten der Zentralregierung in Islamabad, Shahbaz Bhatti, wurde heute Morgen in Islamabad ermordet. Wie einheimische Beobachter dem Fidesdienst berichten, hatte der Minister kurz zuvor seine Wohnung verlassen, um in sein Büro zu fahren. Er war mit seiner Nichte und seinem Fahrer ohne Personenschutz im Auto unterwegs. Aus einem Kleinwagen der Marke Suzuki, das sich dem Wagen des Ministers näherte, wurde auf den Fahrer geschossen, um das Fahrzeug zum Halten dazu bringen. Eine Gruppe bewaffneter Männer mit maskierten Gesichtern zogen den Minister aus dem Auto und schossen zwei Minuten lang mit einer Maschinenpistole auf ihn. Daraufhin ergriff das Mordkommando die Flucht. Der Fahrer fuhr den schwer verletzten Minister ins Krankenhaus, wo Bhatti bei seiner Ankunft jedoch bereits tot war. Bisher bekannte sich keine offizielle Gruppe zu dem Attentat, doch erste Ermittlungen lassen vermuten, dass es sich bei den Tätern um Killer handelt, die im Auftrag der Taliban handelten. Am Tatort wurden Flugblätter mit der Aufschrift „Tehrik-i-Taliban-Punjab" hinterlassen.
„Wir verurteilen den Mord an dem katholischen Minderheitenminister Shabaz Bhatti. Wir sind zutiefst traurig und bedauern diese Geste, die das Leben missachtet. Es handelt sich um einen perfekten und tragischen Beweis für die Unhaltbarkeit des Klimas der Intoleranz, die in unserem Land herrscht und dafür, dass wir dieses Thema entschlossen angehen müssen, damit diese Situation der vorherrschenden Gewalt endlich ein Ende findet", so der Vorsitzende der Pakistanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Lawrence Saldanha von Lahore, zum Päpstlichen Fidesdienst in einem Kommentar zum Tod von Shahbaz Bhatti, der heute Morgen in Islamabad von einem Killerkommando ermordet wurde.
Bei einer Pressekonferenz äußerte sich der Sprecher des Presseamtes des Heiligen Stuhls, P. Federico Lombardi (sj), heute Morgen ebenfalls zum Mord an dem pakistanischen Minderheitenminister: „Der Mord an dem pakistanischen Minderheitenminister Shahbaz Bhatti ist eine neue äußerst schwerwiegende Gewalttat. Sie zeigt wie recht der Papst mit seinen wiederholten und nachdrücklichen Stellungnahmen zum Thema Gewalt gegen Christen und allgemein für die Religionsfreiheit hat. Bhatti war der erste Katholik, der ein solches Amt innehatte.
Wir wollen daran erinnert, dass er im vergangenen September vom Heiligen Vater in Audienz empfangen wurde und dabei sein Engagement für ein friedliches Zusammenleben der Religionsgemeinschaften in seinem Land geschildert hat.
Dem Gebet für das Opfer, der Verurteilung dieser unsagbaren Gewalttat und der Verbundenheit mit den so sehr von Hass verfolgten Christen in Pakistan schließt sich ein Appell an, mit der Bitte, dass sich nun alle bewusst werden, wie dramatisch wichtig der Schutz der Religionsfreiheit und der verfolgten Christen ist" Die Bischöfe werden in kürze eine offizielle Stellungnahme veröffentlichen und planen eine Notsitzung zur Einschätzung der Lage, bei der auch Strategien für das künftige Vorgehen erörtert werden sollen. Auf der einen Seite sollen Gläubige, Religionsvertreter und alle, die sich für den Schutz der Menschenrechte und die Revision des Blasphemiegesetzes engagieren, geschützt werden. Auf der anderen Seite möchte man die Öffentlichkeit und die internationale Staatengemeinschaft „wachrütteln" und um Hilfe im Kampf gegen den Terrorismus bitten.
Diese Position vertritt auch der stellvertretende Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Joseph Coutts von Faisalabad: „Der Mord an Minister Bhatti ist eine immense Tragödie, nicht nur für die Christen in Pakistan, sondern für das ganze Land, denn es handelt sich um einen Minister der pakistanischen Regierung. Vor wenig mehr als einem Monat wurde der muslimische Gouverneur von Punjab ermordet, heute ist es Bhatti. Wir sind alarmiert: es ist ein Zeichen dafür, dass Fanatiker es unterschiedslos auf alle abgesehen haben, die sich für Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden einsetzen."
Bischof Coutts erinnert mit folgenden Worten an ihn: „Er war ein authentischer, transparenter und äußerst mutiger Mensch. Ich habe ihn sehr geschätzt. Er wusste, dass er sich in Gefahr befand, und schreckte trotzdem vor nichts zurück. Das ganze Dorf Khushpur trauert um ihn. Wir werden alle für ihn beten."
Der 42jährige Bhatti war erst vor kurzem als Minister für Religiöse Minderheiten im Rahmen einer Regierungsumbildung im Amt bestätigt worden. Er hatte dieses Amt seit 2008 inne. Er stammte ursprünglich aus dem Dorf Khushpur in der Nähe von Faisalabad in Punjab, das auch als „der Vatikan Pakistans" bezeichnet wird und von Dominikaner Missionaren gegründet wurde. Viele pakistanische Priester und Ordensleute kommen aus diesem Dorf.
Im Rahmen seines Engagements für Menschenrechte und Religiöse Minderheiten hatte Bhatti die „All Pakistan Minorities Alliance" und die „Christian Liberation Front" gegründet. Er war ein Vorreiter im Engagement für eine Revision des Blasphemieparagraphen, was ihn schließlich das Leben gekostet hat. In den vergangenen Tagen hatte er in einem vertraulichen Gespräch mit dem Fidesdienst betont, dass die auf Initiativen von Staatspräsident Ali Zardari gegründete und von Bhatti geleitete „Kommission für die Revision des Blasphemiegesetzes" ihre Tätigkeit noch nicht aufgegeben hatte und sich weiterhin fern von den Scheinwerfern für das Anliegen einsetzte. In den vergangenen Wochen und Monaten hatte er immer wieder betont, dass es für ihn nachdem er sich sein ganzes Leben für diese Sache eingesetzt hatte „kein Zurück mehr gab". In einem seiner letzten Interviews mit dem Fidesdienst hatte er sein Engagement als „Zeugnis des Glaubens an Christus" bezeichnet.