21.01.2013

Deutschland: Allianzgebetswoche beendet: Rund 300.000 Teilnehmer

Wetzlar (idea) – Unter Christen in Deutschland wächst das Verständnis dafür, wie notwendig Gebetstreffen über Kirchen- und Gemeindegrenzen hinweg sind. Das gemeinsame Beten hilft dabei, geistliche Einheit zu leben und zu gestalten. Dieses Fazit zog der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb (Stuttgart), zum Abschluss der diesjährigen internationalen Allianzgebetswoche unter dem Motto „Unterwegs mit Gott“. Laut Steeb haben nach bisherigen Schätzungen in Deutschland wie im Vorjahr etwa 300.000 Christen aus Landes- und Freikirchen sowie Landeskirchlichen Gemeinschaften an rund 1.100 Orten teilgenommen. Nach seiner Beobachtung treffen sich immer mehr örtliche Allianzen nicht nur am Jahresanfang, sondern jeden Monat, um Gott zu loben, zu danken und ihn um Beistand für ihre Gemeinde oder Stadt zu bitten. Wie Steeb gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea weiter sagte, nehme auch der Einfallsreichtum bei den Gebetsformen zu. So wurden während der Woche an zahlreichen Orten Gebetskonzerte und -spaziergänge, 24-Stunden-Gebete sowie Jugendgebetsnächte veranstaltet. Vielerorts verließen Christen auch ihre Gemeinderäume, um zum Beispiel in Jugendzentren, Altenheimen, Kliniken, Rathäusern, Straßenbahnen oder bei der Feuerwehr zu beten.

Was die Gebetswoche „einzigartig“ macht

Der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Präses Michael Diener (Kassel), sagte auf idea-Anfrage, er blicke mit „großer Dankbarkeit“ auf die Gebetswoche zurück. Sie sei „einzigartig“, weil sie so viele Christen aus Landes- und Freikirchen, aber auch Katholiken und Mitglieder unabhängiger Gemeinden zusammenführe. Diener begrüßte, dass bei den Treffen zunehmend für verfolgte Christen gebetet werde, etwa für Betroffene in den arabischen Ländern und Nordkorea. Hinsichtlich der Auftakt- und Abschlussveranstaltungen wünscht sich der Allianzvorsitzende, dass „das Gebet eine wichtigere, auch zeitlich prägendere Rolle“ spielt.

Die Freude an Gott braucht nicht den Kick

In den Gottesdiensten am Ende der Gebetswoche ging es um das Thema „Unterwegs mit Gott – weil er Freude macht“. In der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis sagte Präses Diener dazu, die Freude an Gott hänge nicht von menschlichem Tun ab, sondern von Gottes Tat in Jesus Christus. Sie sei auch nicht abhängig „von immer neuen Kicks oder Klicks unserer Zeit“, von Spaß und Zerstreuung, sondern von der Sammlung unter dem Wort Gottes. Der Generalsekretär des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Theo Schneider (Kassel), sagte vor 300 Besuchern in Berlin, die „Freude im Herrn“ sei Ausdruck einer persönlichen Beziehung zu Jesus Christus: „Wir haben einen Begleiter. Er lässt sich nicht von uns trennen. Wir dürfen in einer Beziehung leben, die im Himmel verankert ist.“ Der Direktor des Evangelischen Allianzhauses, Thomas Günzel (Bad Blankenburg), mahnte die Besucher die 320 Besucher des Gottesdienstes in Erfurt, sich nicht auf die Sicherheiten ihres Bankkontos und Frömmigkeitsformen zu verlassen. Sie sollten sich vielmehr neu öffnen für Gottes Anspruch, Gebot, Gnade und Freude, „die das Herz erfüllt“.

Fernsehjournalist: Beten macht froh

Der ARD-Fernsehjournalist Markus Spieker (Berlin) ermutigte die 830 Besucher im Bremer Dom, auch in Krisenzeiten das Positive zu sehen und sich zu freuen. Sein Rat: „Beten macht froh, weil es in den Zustand der Dankbarkeit versetzt.“ Die Allianz in der Hansestadt zählte bei den Gebetsveranstaltungen rund 5.600 Besucher. Damit sei die Resonanz etwas besser als im Vorjahr gewesen. Der für den Sprengel Ostfriesland zuständige hannoversche Landessuperintendent Detlef Klahr sagte in Leer und Emden: „Wir brauchen eine Allianz des Glaubens in unserer Welt als Zeugnis für die Einheit der Christen.“ Wenn man gemeinsam Gottes Wort höre, miteinander bete und singe, werde die Gemeinschaft gestärkt. Das mache einen Umgang mit Respekt und Toleranz möglich.

Hannover: Gebet mit und für Randgruppen

In Göttingen vertrat der Bundespfarrer des Jugendverbandes „Entschieden für Christus“ (EC), Rudolf Westerheide (Lemgo), die Ansicht, dass man für das Wachstum der Kirche nicht nur auf Megagemeinden setzen dürfe: „Wir brauchen immer auch kleine Gemeinden, in denen Menschen eine Heimat finden, die sich in großen Gemeinden nicht wahrgenommen fühlen und die dort untergehen würden.“ Die Evangelische Allianz in Hannover veranstaltete unter anderem einen Gebetsabend für und mit sozialen Randgruppen. Der dortige Leiter der Hilfsinitiative „Neues Land“, Michael Lenzen, sagte dazu: „Auf Nachfrage haben sich manche Obdachlose und Drogenabhängige mehr Höflichkeit ihnen gegenüber gewünscht.“ Nach dem Gebetsabend seien 15 Personen zu einem Gebetsspaziergang in die Innenstadt aufgebrochen, um Gott für in Not geratene Menschen zu bitten.

Menschen für Gott retten

In Stuttgart stand die Gebetswoche im Zeichen der bevorstehenden Evangelisation „ProChrist“ vom 3. bis 10. März, die von der Porsche Arena aus via Satellit europaweit übertragen wird. Hauptredner des Treffens ist Pfarrer Ulrich Parzany (Kassel). Er hoffe, dass Gott die Herzen der Besucher so anrühre, dass sie nicht nur eine Entscheidung für Jesus Christus träfen, sondern ihr ganzes Leben am Wort Gottes ausrichteten, sagte er im Abschlussgottesdienst vor rund 500 Christen. Parzany nannte es das größte Problem christlicher Gemeinden, dass es ihnen gleichgültig sei, wenn Menschen geistlich verloren gingen. Sie sollten sich mit Gott über jeden Geretteten freuen. Die bayerische Regionalbischöfin Dorothea Greiner (Bayreuth), mahnte in Selb (Oberfranken), dass sich Kirchen und christliche Gemeinschaften stärker als geistliche Einheit verstehen. Es gehe nicht an, dass Protestanten wegen des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche auf diese mit dem Finger zeigten. Das gesamte Volk Gottes sei nicht vollkommen.

Einstimmig Jesus proklamieren

Der geschäftsführende Vorsitzende der Stiftung Marburger Medien, Jürgen Mette, rief Christen und Gemeinden zu mehr Miteinander auf. Unter Bezug auf die Musik sagte er, sie sollten den Ton bestimmen und konzertant auftreten: „Die Politik wird das nie schaffen. Wir Jesus-Leute müssten die politische Kakophonie blamieren und unisono, einstimmig Jesus proklamieren.“ Es gelte, gemeinsam zu arbeiten, zu leiden und Erfolge zu feiern. Solange sich Christen aber selbst beschädigten, seien sie „weder Gefahr noch Segen für unsere Generation“, sagte Mette vor rund 600 Gottesdienstbesuchern.

Warnung vor Fundamentalismus

Der Direktor der Evangelistenschule Johanneum, Burkhard Weber (Wuppertal), ermunterte Christen dazu, ihre Stimme in der Gesellschaft zu erheben. Sie sollten dies mit Entschiedenheit, Bescheidenheit, Klarheit und Hörbereitschaft tun, sagte er in Herford (Ostwestfalen). Zugleich warnte er vor jeglichem Fundamentalismus: „Das kann nie und nimmer unser Weg sein.“ Damit erteilte er politischen und religiösen „Vereinfachern von links und rechts“ eine Absage.

Protest gegen Menschenhandel

Mit einer ungewöhnlichen Aktion wandte sich die Evangelische Allianz Darmstadt anlässlich der Gebetswoche an die Öffentlichkeit. Rund 250 Personen protestierten auf dem Luisenplatz gegen Menschenhandel und Sklaverei im 21. Jahrhundert. Sie standen 20 Minuten lang unbeweglich an verschiedenen Stellen auf dem Platz und trugen Pappschilder mit der Aufschrift wie „Dodo, 13 Jahre alt, Kindersoldat im Kongo“ oder „Nadja, 19 Jahre alt, Zwangsprostituierte Straßenstrich Darmstadt“. Man habe auf diese Weise, den „vielen unbekannten Sklaven“ einen Namen geben wollen, so die Allianz. Nach ihren Angaben haben die Passanten unterschiedlich reagiert: Manche hätten zustimmend genickt, andere den Kopf geschüttelt. Nach diesem sogenannten „Flashmob“ zogen die Teilnehmer durch die Darmstädter Fußgängerzone und forderten lautstark, jede Form von Ausbeutung und Versklavung zu ächten. Die Gebetswoche in Darmstadt findet bis zum 27. Januar unter dem Motto „Unterwegs mit Gott – Gefangene freisetzen“ statt.