06.06.2015
Usbekistan: Misshandlung bis zur Bewusstlosigkeit
Anfang Mai wurden vier Protestanten aus verschiedenen Kirchen, die gemeinsam von Samarkand nach Navoi fuhren, von der Polizei von Navoi angehalten. Ein Protestant aus Taschkent, der aus Furcht vor staatlichen Repressalien nicht namentlich genannte werden will erklärte, dass die Polizei offensichtlich über die Reise der Gruppe nach Navoi informiert war und sie am Kontrollpunkt an der Grenze zur Region Navoi erwartete. Der Fahrer des Autos, Murot Turdiyev, wird ständig von der Polizei überwacht und sein Auto wurde schon oft angehalten. Sein Name scheint, wie der vieler anderer Personen mit prominenter Stellung Religionsgemeinschaften, die schon einmal wegen der Ausübung ihrer Religionsfreiheit bestraft wurden, im sogenannten präventiven Register auf. Auf dieses Register kann man von Gerichten, Behörden, aber auch von Gesundheitsdiensten und anderen staatlichen Stellen gesetzt werden und dadurch nicht nur ständig überwacht werden, sondern auch seinen Arbeitsplatz verlieren oder andere Nachteile erleiden.
Nach ihrer Festnahme wurden die vier Männer verhört, wobei einer von ihnen geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt wurde. Das Auto, ihre Taschen und Handys wurden durchsucht. Als die Beamten ausländische Stempel in den Pässen der vier Männer sahen, wurden sie befragt, wo sie waren und weshalb sie ins Ausland reisten. Als sie einen der Beamten, Leutnant Khujakulov, fragten, weshalb man sie angehalten hatte und erklärten, dass man damit ihre verfassungsmäßigen Rechte verletzt hatte, brüllte er sie an: „Die Verfassung und die Gesetze sind für Taschkent, hier in Navoi haben wir unsere eigenen Gesetze“. Nachdem man bei der Durchsuchung nichts Verbotenes gefunden hatte, forderte Khujakulov die Männer auf, Berichte über ihre Auslandsreisen zu schreiben, den Zweck ihrer Besuche anzugeben, wen sie getroffen und worüber sie gesprochen hatten. Als die vier Protestanten sich weigerten, drohte er ihnen an, ein Gerichtsverfahren wegen Nichtbefolgung einer polizeilichen Anordnung einzuleiten. Dieses wurde angeblich bereits eingeleitet. Es droht eine Geldstrafe von 3 monatlichen Mindestgehältern oder im Wiederholungsfall innerhalb eines Jahres bis zu 15 Tage Arrest.
Abgesehen von Murot Turdiyev drohen diese Strafen auch seinen Begleitern Anvar Rajapov, Khurshid Boymuradov und Khudoyor Mahammadiyev.
Nach der Befragung am Gebietskontrollpunkt wurden die vier Protestanten zur Polizeistation gebracht und nach Vorstrafen befragt, ob sie Drogen konsumieren, in einem speziellen Polizeiregister stehen, wo sie wohnen; es wurden Fragen nach dem Lebensstil der Mitglieder ihrer Familien und anderer Verwandten gestellt, wovon sie leben, wohin und weshalb sie ins Ausland reisen und ob sie unter irgendeiner Krankheit leiden.
Am Abend des 8. Mai wurden die vier freigelassen, nachdem man sie fast zehn Stunden festgehalten hatte. Ihre Pässe wurden ihnen erst etwa eine Woche nach der vorläufigen Festnahme zurückgegeben.
In einer getrennten Entwicklung hat die Kriminalpolizei in Karshi ihre Suche nach der Protestantin Guljahon Kuzebayeva erneut aufgenommen. Sie war nach einer Razzia im Juli 2014 untergetaucht. Ihr droht eine Strafe, weil sie angeblich mit Familienmitgliedern über ihren christlichen Glauben gesprochen hat. Zwischen 7. und 16. Mai kam ein Kriminalbeamter mehrmals an ihre Wohnadresse, befragte Verwandte, wo sie sich befindet und forderten, dass sie auf der Polizeistation von Karshi erscheint. Eine Begründung oder eine schriftliche Ladung wurden nicht vorgelegt. Als man die Gesuchte nach mehreren Versuchen nicht finden konnte, brüllten die Beamten, man würde sie um jeden Preis festnehmen und irgendetwas finden, dessen man sie anklagen könne.
Quelle: Forum 18, Oslo
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA