05.04.2016
Südafrika: Sind Lemba Juden?
Afrikanischer Stamm will als jüdisch anerkannt werden
THOHOYANDOU (inn) – Die in Afrika lebenden Lemba glauben, von den biblischen Israeliten abzustammen. Sie praktizieren jüdische Bräuche, doch viele erkennen sie nicht als Juden an.
Der Südafrikaner Nyaweleni Mafadza hat einen jüdischen Gebetsschal und eine Kippa, zieht sie aber nur selten an. „Meistens dann, wenn wir jüdische Gäste aus den USA zu Besuch haben“, sagt der pensionierte Polizeichef. Mafadza ist Christ, identifiziert sich aber auch als Jude. „Wenn ich mehr über meine (jüdische) Herkunft wüsste, würde ich den christlichen Glauben aufgeben. Ich hätte nicht mal was dagegen, nach Israel zu ziehen“, sagt er.
Mafadza entstammt dem Volk der Lemba, dem in Südafrika, Simbabwe und Mosambik rund 70.000 Menschen angehören. Seit Generationen praktizieren die Lemba jüdische Bräuche. Sie folgen den jüdischen Speisegesetzen, schächten Tiere zum Verzehr, wie es das heilige Buch der Juden, die Torah , vorschreibt. Sie lassen ihre Söhne beschneiden und vermeiden Mischehen mit Angehörigen anderer ethnischer Gruppen, wie Lucas Thobakgale vom Kulturverband der Lemba in Südafrika erklärt. Dennoch verbinden viele Lemba ihre jüdische Kultur mit dem Islam oder dem Christentum.
„Als ich ein Kind war, musste man Christ sein, um in die Schule gehen zu dürfen“, erinnert sich der über 80-jährige Musandiwa Mungulwa, Präsident des Lemba-Kulturverbandes in Südafrika. Doch die Missionare, die viele Schulen leiteten, konnten die Lemba nie dazu bringen, ihre jüdischen Bräuche aufzugeben. „Wir haben eine Verbindung zu den Juden der Bibel“, sagt Thobakgale, und Experten geben ihm Recht.
Ende des 20. Jahrhunderts fanden Wissenschaftler Beweise dafür, dass die Lemba vor mehr als 1.000 Jahren über das Rote Meer nach Afrika gekommen waren. Anders als die äthiopischen Juden, die von Israel als solche akzeptiert wurden, fehlt den Lemba aber noch immer die vollständige Anerkennung jüdischer Organisationen.
Plausible Überlieferung
Der mündlichen Überlieferung zufolge verließen die Lemba einst das Gebiet von Judäa, um an einen Ort namens Sena zu ziehen. Diesen hat der pensionierte Londoner Universitätsprofessor Tudor Parfitt in einem Tal im südlichen Jemen aufgespürt. Der Staudamm der Stadt brach um das zehnte Jahrhundert und zwang viele Menschen zur Auswanderung, weil der Ort seine Bevölkerung nicht mehr ernähren konnte, erklärt der Historiker Parfitt. „Die mündliche Überlieferung der Lemba ist über einen langen Zeitraum hinweg konsistent, und Gruppen in Simbabwe und Südafrika sagen dieselben Sachen“, so Parfitt.
Zudem haben in den 90er Jahren in London und Oxford vorgenommene Gentests gezeigt, dass der Buba-Clan, der die Lemba nach Afrika geführt haben soll, ein Element in seinem Y-Chromosom trägt, das typisch für die jüdische Priesterklasse der Kohanim ist. „Dass wir dieses Merkmal in einer so hohen Konzentration bei den Buba finden konnten (...), schien endlich eine echte, brauchbare Verbindung zwischen den Lemba und den Juden herzustellen“, sagte Parfitt der Webseite NOVA.
Laut ihrer Überlieferung brachten die Lemba auch die Bundeslade mit – die Holzkiste, in der sich die Steintafeln mit den zehn Geboten befunden haben soll. Parfitt glaubt, bei dem beschriebenen Behälter könne es sich um ein 700 Jahre altes, trommelartiges Holzobjekt handeln, das heute in einem Museum in Simbabwe steht und das er für eine Nachbildung der biblischen Bundeslade hält.
Doch einige offizielle Vertreter jüdischer Organisationen stehen den Ansprüchen der Lemba skeptisch gegenüber. „Es gibt Gemeinsamkeiten, aber (die Tradition der Lemba) gehört nicht in die Kategorie Judentum“, findet der Sprecher der südafrikanischen Vertretung der Juden, David Saks. Um als Juden anerkannt zu werden, müssten die Lemba offiziell konvertieren, so Saks. Einige Lemba akzeptieren das, aber viele wehren sich dagegen. „Wir brauchen niemanden, der uns anerkennt, weil wir wissen, wer wir sind“, meint Thobakgale. (dpa)
Quelle: israelnetz.com