02.08.2018

Deutschland: BAMF missachtet Sicherheitslage in Afghanistan

Zahlreiche Konvertiten als „Scheinchristen“ deklariert und abgelehnt

(Open Doors, Kelkheim) – Am 25. Juli wurde der Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Afghanistan vom 31.05.2018 in teils geschwärzter Form veröffentlicht. Er bestätigt die Einschätzung des internationalen Hilfswerks für verfolgte Christen, Open Doors, wonach christliche Konvertiten in dem islamischen Land um ihr Leben fürchten müssen. Deshalb fordert der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende Markus Rode die Bundesregierung, die Bundesländer und die kommunalen Ausländerbehörden auf, die Abschiebung von Konvertiten nach Afghanistan sofort einzustellen: „Für christliche Konvertiten gibt es keinen sicheren Ort in Afghanistan. Sie müssen dort ihren Glauben verheimlichen, weil sie in der Gefahr stehen, getötet zu werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnt jedoch wissentlich Asylanträge von Konvertiten ab. Mit der hundertfachen Deklarierung von Konvertiten zu ‚Scheinchristen aus asyltaktischen Gründen‘ verschafft sich das BAMF eine skandalöse Legitimation, Konvertiten in ein Land abzuschieben, wo auf den Abfall vom Islam die Todesstrafe steht oder deren Ermordung droht. Fehlerhafte Bewertungen seitens des BAMF können hier tödlich sein. Deshalb muss dem Urteil von Geistlichen, die diese Konvertiten betreuen, größtes Gewicht beigemessen werden.“

In dem grundsätzlich als Verschlusssache eingestuften Bericht des Auswärtigen Amtes heißt es: „Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen, wie auch die nationalen Gesetze sind jedoch allesamt im Lichte des generellen Scharia-Vorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen.“ Und: „Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionswahl beinhaltet, gilt daher de facto in Afghanistan nur eingeschränkt. Die Abkehr vom Islam (Apostasie) wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht.“ Der Lagebericht soll dem BAMF, Verwaltungsgerichten und Innenbehörden des Bundes als Entscheidungshilfe in Asylverfahren dienen.

Unter der Überschrift „Christen“ heißt es: „Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert. Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen. Allein der Verdacht, jemand könnte zum Christentum konvertiert sein, kann Open Doors zufolge dazu führen, dass diese Person bedroht oder angegriffen wird. Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens.“ Und mit Blick auf die engmaschige soziale Kontrolle im Land ist selbst eine private Glaubensausübung so gut wie unmöglich.

Fragwürdige „Glaubensprüfungen“ ermöglichen hohe Abschiebequote

Pfarrer, Pastoren und Rechtsanwälte, die zahlreiche Konvertiten betreuen, berichten seit Anfang 2017 von einer Ablehnungswelle von Konvertiten durch das BAMF. Die Behörde misst Taufen sowie Zeugnissen der betreuenden Kirchenleiter häufig keine Bedeutung bei. So wollen BAMF-Mitarbeiter nach einer Anhörung von drei Stunden die Ernsthaftigkeit eines Glaubenswechsels besser einschätzen können als Pfarrer, die Konvertiten oft über Monate hinweg betreuen. Die von Innenminister und Regierung geforderte Abschiebequote wird durchgesetzt ohne Rücksicht auf Leib und Leben der Betroffenen.

 

Angekündigter Einsatz für Religionsfreiheit der Bundesregierung hinterfragt

Angesichts dieser Verhältnisse in Afghanistan und des aktuellen Lageberichts des Auswärtigen Amtes kritisiert Markus Rode die Entscheidung der Bundesregierung, künftig wieder abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan abzuschieben, wie auch die gleichlautende Aussage dazu von Bundeskanzlerin Merkel in ihrer Pressekonferenz am 6. Juni 2018 in Berlin. Der Angabe, es würden nur Straftäter, Gefährder und sogenannte Identitätsverweigerer nach Afghanistan zurückgeführt werden, widerspricht Rode. Bei der letzten Abschiebung von 69 Afghanen sei mindestens ein Konvertit unter den Abgeschobenen gewesen. Diese Abschiebepraxis widerspreche dem von der Kanzlerin angekündigten verstärkten Einsatz für die Religionsfreiheit.

Gegenwärtig droht hunderten Konvertiten aus Afghanistan aufgrund negativer Asylbescheide die Abschiebung. „Sie kamen mit islamischer Prägung nach Deutschland, fanden durch engagierte christliche Gemeinden zum Glauben und werden nun doppelt bestraft für ihre Hinwendung zu eben diesem Glauben an Christus, an Nächstenliebe und die christlichen Werte, die von C-Parteien gerne propagiert werden. Nun werden sie zusammen mit Gefährdern und Kriminellen abgeschoben. Afghanistan rangiert auf dem aktuellen Weltverfolgungsindex von Open Doors an 2. Stelle und steht damit hinsichtlich der Härte der Christenverfolgung auf einer Stufe mit Nordkorea. Gleiche Erfahrungen mit dem BAMF wie afghanische Konvertiten machen Iraner, die unter den Konvertiten in Deutschland die weitaus größte Gruppe stellen. Das muss ein Ende haben“, so Markus Rode.