27.01.2018
Kirgistan: Brandstiftung in Baptistengemeinde
Staat versagt bei der Gewährleistung der Menschenrechte
Kirgistan: Brandstiftung in Baptistengemeinde
Staat versagt bei der Gewährleistung der Menschenrechte
Am 2. Januar 2018 wurde das Gebäude der Baptistengemeinde in Kaji-Sai im Nordosten Kirgistans niedergebrannt. Die Baptisten fanden in der Nähe mit Benzin gefüllte Flaschen. Den Zusicherungen der Polizei, Nachforschungen anzustellen, schenken sie nur wenig Glauben. Sie sind davon überzeugt, dass diese Brandstiftung stattfinden konnte, weil die Polizei nichts unternommen hat, um eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen, darunter auch Verletzungen der Religionsfreiheit abzustellen, die sich ab 2010 ereignet haben. Dazu zählen gefährliche Drohungen und Angriffe, Vertreibung von Menschen aus ihren Wohnungen, die Einschüchterung eines Lehrers bis zu dem Punkt, dass er seine Arbeitsstelle „freiwillig“ aufgab, und die Weigerung, Beerdigungen von Nichtmuslimen nach den Riten ihrer jeweiligen Gemeinschaft zuzulassen. In diesem Zusammenhang ist es bereits zu gewalttätigen Übergriffen und sogar zu illegalen Exhumierungen gekommen.
Nach dem Brandanschlag in Kaji-Sai interessierte sich die Polizei mehr für die Baptistengemeinde als für die Aufklärung der Straftat und fragte, weshalb Christen, die dem kirgisischen Volk angehören, nicht in die Moschee gehen. Die Baptisten gehen davon aus, dass die Brandstifter nicht bestraft werden. Sie arbeiten an der Reparatur ihres Gemeindehauses und haben erklärt, dass sie ihre Gottesdienste trotz widriger Umstände fortsetzen werden. Die Baptistengemeinde In Kaji-Sai wurde in den Neunzigerjahren nach dem Zerfall der Sowjetunion gegründet und 1994 staatlich registriert. „Wir haben uns immer friedlich verhalten“, erklärte ein Baptist aus dem Ort am 12. Januar gegenüber Forum 18. „Aber ab Ende 2010 erhielten Christen in einigen Dörfern in der Region (wo es keine staatlich registrierten Kirchen gibt) Drohungen“. Diese Drohungen folgen einem verbreiteten Muster. Ab 2007 befahlen die staatlichen Behörden verschiedenen nicht registrierten protestantischen Gemeinschaften, Ahmadi Muslimen und Hare Krishna Anhängern in verschiedenen Teilen des Landes, sich nicht mehr zu versammeln.
Nach einem früheren Vorfall in der Baptistengemeinde des Dorfes Ak-Terek lud die Polizei die Christen in die Polizeistation von Karakol, der Hauptstadt der Region, vor. Nachdem Polizeibeamte Sympathie für die Angreifer bekundet hatten, lud man Baptisten und Angreifer ein, Erklärungen zu verfassen, dass sie einander vergeben und in Zukunft friedlich zusammenleben wollen. Die Baptisten erlebten die Atmosphäre bei dem Treffen als sehr einschüchternd und fühlten sich gezwungen. Die Polizisten weigerten sich, die Strafverfolgung der Angreifer in die Wege zu leiten und zwei Polizeibeamte erklärten „Würden wir nicht bei der Polizei arbeiten, hätten wir euch auch angegriffen, weil wir Muslime sind“. Ein anderer erklärte, dass die Polizei nichts dagegen unternehmen könnte, sollte die Dorfbevölkerung beschließen, die Baptisten aus Ak-Terek zu vertreiben.
Der UN-Menschenrechtsausschuss hat Kirgistan bereits 2014 aufgefordert, „alle Restriktionen aufzuheben, die mit Artikel 18 des International Pakts über bürgerliche und politische Rechte (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) unvereinbar sind“ und „Maßnahmen zu setzen, auch durch öffentliche Bekanntmachungen und Kampagnen zur Bewusstseinsbildung, um die religiöse Toleranz zu fördern und jeden Akt der religiösen Intoleranz und des Hasses zu verurteilen.“ Weiters wurde die Regierung Kirgistans aufgefordert, bei allen religiös motivierten Gewalttaten Ermittlungen durchzuführen und die Strafverfolgung der Täter und Entschädigung der Opfer zu gewährleisten.
Quelle: Forum 18, Oslo
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA
siehe auch Meldung AKREF