25.06.2018
Deutschland: "Buddhismus gehört längst zu Deutschland"
Hamburger Forscherin: Strittig ist, wie sehr die Religion auch das Christentum beeinflusst
Hamburg (idea) – Der Buddhismus gehört „längst zu Deutschland“. Diese Ansicht äußerte die Gastprofessorin für Buddhismus an der Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg, Carola Roloff, gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. „Nahezu unbemerkt ist der Buddhismus in der Gesellschaft längst angekommen“, sagte Roloff anlässlich der internationalen Konferenz „Buddhismus im Dialog mit modernen Gesellschaften“ in Hamburg. Das Angebot an Kursen und Literatur zu Themen wie Achtsamkeit und Meditation sei „unüberschaubar“ geworden. Buddha-Statuen seien überall zu finden. Je nach Statistik gebe es zwischen 200.000 und 300.000 Buddhisten in Deutschland. „Anziehend ist der Buddhismus für viele Menschen heute sicher auch dadurch, dass er eine ‚Religion ohne Schöpfergott’ ist und ohne Begriffe wie Sündenfall, Strafe usw. auskommt“, so Roloff weiter. Er komme dem Wunsch nach Selbstbestimmung entgegen und betone die Eigenverantwortung. Die Ansicht vieler Menschen, dass der Buddhismus die friedlichste der Religionen sei, relativierte Roloff: Buddhisten seien grundsätzlich friedfertig, doch in der Geschichte gebe es auch viele Beispiele für Gewalt durch Angehörige der Religion.
Evangelische Gemeinden bieten Zen-Meditationen an
Zwischen Christentum und Buddhismus sieht Roloff viele Berührungspunkte: „Für mich passen diese beiden Religionen wie für viele andere sehr gut zusammen. Ebenso wie im Christentum sind Werte wie Liebe und Mitgefühl im Buddhismus von zentraler Bedeutung.“ Eine niederländische Studie zeige, dass immer mehr Menschen sich als Christ und Buddhist bezeichnen. Dass auch evangelische Kirchengemeinden inzwischen „regelmäßig Zen-Meditationen“ anböten, betrachtet die Professorin als „Bereicherung: Es ist gut, wenn Religionen voneinander lernen.“ Roloff sprach sich dafür aus, dass buddhistische Religionsgemeinschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts werden. So könnten sie einen größeren Beitrag für die Gesellschaft leisten, etwa im Bereich Sterbebegleitung und Hospizarbeit. Ein Antrag auf Anerkennung der Deutschen Buddhistischen Union in Bayern ziehe sich „seit Jahren“ hin. Laut Roloff forderten mehrere Redner auf der Hamburger Tagung „eine grundständige, zertifizierte Ausbildung von buddhistischen Geistlichen, Religionslehrern und Seelsorgern nach akademischen Standards“ an der Universität Hamburg.
Östliche Meditation verändert christliches Denken
Der Referent für Psychologische Aspekte neuer Religiosität der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW/Berlin), Prof. Michael Utsch, sieht den wachsenden Einfluss buddhistischen Denkens auf Christen kritisch: „Der Achtsamkeitsboom und Zen-Meditationen haben die christliche Meditationsbewegung der 1980er Jahre abgelöst. Viele Christen verwenden heute asiatische Versenkungsmethoden.“ Dadurch werde die christliche Identität verändert. Laut einer Studie der Universität Aachen mit über 450 Teilnehmern seien durch östliche Meditationsmethoden „frühere Glaubensüberzeugungen erheblich verändert“ worden. Während im Buddhismus etwa „Leben Leiden“ bedeute, werde im Christentum „die Welt als gute Schöpfung Gottes inklusive des Menschen als Ebenbild des Schöpfers freundlicher und positiver ausgestaltet“. Utsch: „Statt mühevoller Selbsterlösung stehen die voraussetzungslose Liebe Gottes und die Rechtfertigung des fehlbaren Menschen im Zentrum.“