12.10.2018
Türkei: US-Pastor Andrew Brunson ist frei
Verhängte Haftstrafe ist mit der Untersuchungshaft abgegolten
Izmir (idea) – Der in der Türkei seit zwei Jahren festgehaltene US-Pastor Andrew Brunson ist frei. Das entschied ein Gericht in Izmir am 12. Oktober. Brunson hatte von Oktober 2016 bis Juli 2018 in Untersuchungshaft gesessen und war anschließend unter Hausarrest gestellt worden. Es handelt sich um keinen Freispruch: Brunson wurde zu einer Haftstrafe von drei Jahren und einem Monat für die Unterstützung einer Terrororganisation verurteilt. Wegen der Untersuchungshaft und seines vorbildlichen Verhaltens während des Verfahrens wurde der Geistliche jedoch direkt freigelassen, wie die Nachrichtenagentur AFP meldete. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) begrüßt auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea die Freilassung Brunsons. Gleichzeitig kritisierte ihr Vorstandssprecher Martin Lessenthin (Frankfurt am Main), die Entscheidung sei nicht von einem unabhängigen Gericht getroffen worden: „Wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Meinung ändert, weil der internationale politische Druck oder die wirtschaftliche Situation ihn dazu zwingt, dann folgt ihm die weitgehend gleichgeschaltete türkische Justiz.“ Daher könne die Freilassung des Geistlichen auch nicht als eine Wende zu mehr Religionsfreiheit interpretiert werden.
Brunson lebt seit 1993 in den Türkei
Der evangelikale Pastor lebt seit 1993 in der Türkei und arbeitete in der Auferstehungskirche in Izmir. Am 7. Oktober 2016 wurde der dreifache Vater zusammen mit seiner Frau Norina verhaftet. Sie kam zwölf Tage später wieder frei. Die türkischen Behörden warfen Brunson Spionage und Verbindungen zu terroristischen Organisationen vor. Ein Gericht wandelte die Untersuchungshaft am 25. Juli in Hausarrest um. US-Präsident Donald Trump verlangte wiederholt die Freilassung des Pastors. Doch Ankara kam dieser Forderung nicht nach. Das führte zu einer schweren Krise in den Beziehungen zwischen der Türkei und den USA, etwa zu höheren Einfuhrzöllen für Waren des jeweils anderen Landes. Erdogan hatte zuvor angeboten, Brunson gegen den im US-Bundesstaat Pennsylvania lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen auszutauschen. Das hatte die US-Regierung abgelehnt. Der türkische Präsident macht Gülen für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (Frankfurt am Main) und die Evangelische Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) hatten Brunson im Oktober 2017 als „Gefangenen des Monats“ benannt. Sie riefen dazu auf, sich für seine Freilassung einzusetzen und für ihn zu beten.