21.05.2019

Deutschland: Kirchenbezirk lehnt Islam-Papier der Landeskirche ab

Kirchenbezirk Pforzheim-Land: Der Islamwissenschaftler Carsten Polanz übt Kritik an dem Gesprächspapier

Keltern (idea) – Die Bezirkssynode des Kirchenbezirks Pforzheim-Land bittet die badische Landessynode, das Gesprächspapier „Muslime und Christen – Gesprächspapier zu einer theologischen Wegbestimmung der Evangelischen Landeskirche in Baden“ in der aktuellen Form nicht zu verabschieden. Dafür haben sich die Delegierten des Kirchenbezirks Pforzheim-Land bei ihrer Frühjahrssynode in Ellmendingen (Keltern bei Pforzheim) mit großer Mehrheit ausgesprochen. Das Papier soll noch bis Ende 2019 diskutiert und 2020 verabschiedet werden. Es wirft nach Ansicht des Kirchenkreises und vieler Kirchengemeinden mehr Fragen auf als es beantworte. Carsten Polanz, wissenschaftlicher Referent am Institut für Islamfragen (Bonn), verfasste ein Gutachten im Auftrag des Kirchenbezirks. Laut Polanz vertritt das Papier einen problematischen Wahrheitspluralismus. Demnach sollten Christen im Islam auch dort wahre Gotteserkenntnis erwarten, wo diese den eigenen Glaubensüberzeugungen widerspricht. Polanz warnte vor einer Vermischung der theologischen und gesellschaftlichen Ebenen des Dialogs. „Für ein friedliches Zusammenleben von Christen und Muslimen bedarf es zumindest aus christlicher Perspektive keiner theologischen Harmonisierung.“ Es genüge der Glaube an die Gottebenbildlichkeit aller Menschen, um Andersgläubige und Andersdenkende zu respektieren und einen „fruchtbaren Dialog“ zu führen. Ein klares Bekenntnis zum eigenen Glauben würden muslimische Gesprächspartner oft viel mehr wertschätzen als ständige Selbstrelativierungen.

Das Papier blendet „real existierende Probleme“ aus

Polanz kritisierte ferner, dass in dem Papier grundsätzlich nicht klar sei, welche Ausprägung des Islams als Gegenüber des Christentums dargestellt werde. Es gebe keinerlei Hilfen zur Einordnung der verschiedenen islamischen Strömungen und potenziellen Dialogpartner. So beschreibe das Papier an vielen Stellen eher ein Wunschbild vom Islam. Laut dem Islamwissenschaftler unterscheiden sich christlicher und muslimischer Glaube fundamental. Das werde deutlich, wenn man „Begriffsschalen“ knacke und konkrete Inhalte benenne. So glaubten Christen, dass Gott sich in Jesus Christus selbst offenbart hat und Kreuz und Auferstehung Jesu im Zentrum des Evangeliums stehen. Man suche aber im Gesprächspapier vergeblich nach einer klaren biblischen Begründung der Kreuzesbotschaft gegenüber typischen muslimischen Einwänden. Ebenso blende die Handreichung das Thema Konversion sowie die Perspektiven und Herausforderungen der zum christlichen Glauben Konvertierten weitgehend aus. Dekan Christoph Glimpel begrüßte den Beschluss der Synode und die vorausgegangenen Diskussionen in den Kirchengemeinden: „Es ging nicht um die Frage, ob wir Dialog wollen oder nicht. Die Ablehnung der Bezirkssynode bezieht sich auf das Gesprächspapier.“ Die konstruktive Kritik von Polanz könne er „voll und ganz unterschreiben“. Eine Neufassung müsse den formulierten Kriterien des Islamwissenschaftlers genügen. „Dialog ist nicht möglich auf der Grundlage ungeklärter Begriffe und unter Aufgabe zentraler eigener Glaubensüberzeugungen.“ Auch der stellvertretende Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz, Thomas Schirrmacher (Bonn), hatte das Gesprächspapier in einem Gutachten kritisiert. Es stelle Islam und Christentum einseitig dar und blende viele Themen aus. Zum Kirchenbezirk Pforzheim-Land gehören 16 Kirchengemeinden mit rund 31.400 Kirchenmitgliedern.