28.10.2019

Deutschland: Christliche Konvertiten nicht abschieben

Hilfswerk Open Doors stellt Studie zur Abschiebung vor

Berlin (idea) – Zum Christentum übergetretene muslimische Flüchtlinge sollten nicht in islamische Länder abgeschoben werden, wenn dadurch für sie eine Gefahr für Leib und Seele besteht. Diese Forderung erhob der CDU-Bundestagsabgeordnete Volker Kauder (Tuttlingen) vor Journalisten am 28. Oktober in Berlin. Er sprach bei der Vorstellung der Studie „Schutz für Konvertiten vor Abschiebung in Länder mit Christenverfolgung“ des christlichen Hilfswerks Open Doors (Kelkheim bei Frankfurt am Main). Kauder zufolge sollten Behörden wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) akzeptieren, wenn ein Konvertit sich zum Christentum bekenne und dies durch ein Taufzeugnis belegen könne. Es gehöre nicht zur Kompetenz von Behörden oder Gerichten, die Echtheit des Glaubens zu überprüfen. Kauder zufolge besteht für Christen Lebensgefahr, die in Länder wie Pakistan und den Iran abgeschoben werden. Für Konvertiten sei das Risiko besonders groß, da der Glaubenswechsel eine öffentliche Erklärung gegen den Islam darstelle.

Open Doors: Abgeschobenen Konvertiten droht Gewalt, Haft, Folter oder Ermordung

Laut dem Pressesprecher von Open Doors, Ado Greve, ist der Schutz von Konvertiten in vielen islamischen Ländern nicht gewährleistet. Ihnen drohe nach der Abschiebung Gewalt, Haft, Folter oder Ermordung. Von den etwa zwei Millionen Flüchtlingen, die seit 2014 nach Deutschland gekommen seien, seien „einige Tausend Muslime“ Christen geworden. Ihre Anerkennungsquote habe sich jedoch seit Mitte 2017 von 67 Prozent auf 36 Prozent fast halbiert. Offensichtlich verfolge die Bundesregierung nicht mehr das Ziel, Konvertiten zu schützen, so Greve. Zudem unterscheide sich die Rechtsprechung je nach Bundesland, Gericht und Richter stark. Häufig werde Konvertiten vor Gericht vorgeworfen, nur aus „asyltaktischen Gründen“ Christ geworden zu sein. Belege wie ein Taufschein oder die aktive Teilnahme am Gemeindeleben würden häufig nicht anerkannt. Gegenüber Pfarrern und anderen Kirchenmitarbeitern gebe es eine „regelrechte Feindseligkeit bei den Behörden“.

22 Prozent der befragten Konvertiten erhielten keinen Schutz

Für die Studie befragte Open Doors 6.516 konvertierte Flüchtlinge in 179 Gemeinden (87 evangelisch, 91 freikirchlich und eine römisch-katholisch). Bei den bereits entschiedenen Fällen (3.839) wurde für 77,8 Prozent der Befragten ein Schutzstatus oder ein Abschiebeverbot ausgesprochen. 22,2 Prozent erhielten keinen Schutz (7,7 Prozent erhielten eine Duldung, 4,3 Prozent wurden in ihr Herkunftsland abgeschoben, 3,1 Prozent wurden nach dem Dublin-Verfahren in europäische Länder abgeschoben). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die (katholische) Deutsche Bischofskonferenz beteiligten sich nicht an der Umfrage, weil sie sich, wie es in der Studie heißt, „von der vorliegenden Erhebung keinen Informationsgewinn versprochen haben“. Beide Kirchen hätten auf ihre bisherigen Bemühungen zu dem Thema sowie auf ihre Gespräche mit dem BAMF auf Spitzenebene verwiesen, so Open Doors.

Pfarrer: Asylbewerber haben häufig keine Chance

Der Pfarrer der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Gottfried Martens (Berlin-Steglitz), schilderte eine Anhörung eines afghanischen Asylbewerbers vor einem Berliner Gericht. Für die Verhandlung sei inklusive Dolmetscher und Protokoll nur eine Stunde Zeit vorgesehen gewesen. Der Richter habe es abgelehnt, ihn als Pfarrer anzuhören. Zudem habe der Richter in der Verhandlung bekannt, dass die meisten Richter ihr Urteil schon vor der Gerichtsverhandlung getroffen hätten. Schließlich sei der Asylantrag des Flüchtlings abgelehnt worden. Martens: „Wir zittern um sein Leben.“ Es gebe Richter mit einer Anerkennungsquote von null Prozent. Bei ihnen habe ein Asylbewerber von vornherein keine Chance.

Allianz-Generalsekretär: Kirchengemeinden haben integrative Kraft

Nach Worten des Generalsekretärs der Deutschen Evangelischen Allianz, Reinhardt Schink (München), gibt es in Deutschland ein großes Integrationsproblem. Ein gelingendes Miteinander sei jedoch möglich. Der christliche Glaube habe eine integrative Kraft. Der wertvolle Dienst von Kirchengemeinden werde von staatlichen Stellen zu wenig wahrgenommen.