29.04.2019

Russland: Missionskonferenz "Licht im Osten"

" Christen lassen sich nicht einschüchtern" - In vielen Staaten der ehemaligen Sowjetunion entstehen neue Gemeinden

Korntal (idea) – In den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion entstehen weiterhin einheimische Gemeinden. Immer wieder ergeben sich Möglichkeiten, mit Menschen über den christlichen Glauben ins Gespräch zu kommen. Von den teils vorhandenen staatlichen Beschränkungen lassen sich die Christen nicht einschüchtern. Das berichteten Redner auf der diesjährigen Missionskonferenz des Missionsbundes „Licht im Osten“. Sie fand am 27. und 28. April in Korntal (bei Stuttgart) unter dem Motto „Weil Gott alle liebt“ statt. Der ukrainische Gemeindegründer Sergej Guz (Kiew) äußerte sich am Rande der Veranstaltung gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea zu seiner Arbeit. Der 57-Jährige arbeitete 22 Jahre als Missionar in Russland und kehrte 2015 gemeinsam mit seiner Ehefrau und den sechs Kindern in die Ukraine zurück. In seine Heimatregion im Osten des Landes konnte er nicht mehr zurück. Dort gibt es in den Gebieten Lugansk und Donezk zwei selbst ernannte Volksrepubliken, die von Russland unterstützt werden und deren Truppen sich mit denen der Ukraine in einem Stellungskrieg befinden. Guz ist in Kiew unter den sogenannten „Umsiedlern“ tätig, die aus dem Osten des Landes geflohen sind. Mit Bibelstunden, in denen auch Nahrungsmittelpakete verteilt werden, habe man seit dem Sommer 2015 rund 2.500 Personen erreicht, so Guz.

Gemeindegründer: Bitte betet für den Frieden

Die Menschen seien seelisch verwundet und enttäuscht: „Sie wünschen sich mehr staatliche Unterstützung bei der Neuansiedlung im Westen. Diese Not haben wir gesehen.“ Viele Neuansiedler gehörten zwar nominell zur russisch-orthodoxen Kirche, hätten aber zumeist nur selten eine Kirche besucht: „Die meisten sind Atheisten.“ Ein Nahrungsmittelpaket koste umgerechnet drei Euro, rund 400 verteile man pro Woche. Manchmal erhalte man auch von unerwarteter Seite finanzielle Unterstützung. So habe ein russischer Unternehmer über eine US-Organisation Geld für die Arbeit mit Umsiedlern gespendet. Zur Begründung habe er gesagt, dass er verstehe, was Russland Schlimmes im Osten der Ukraine anrichte und dass er den Umsiedlern helfen wolle. Die in den besetzten Gebieten verbliebenen Menschen direkt zu unterstützen sei schwierig, da die Grenze stark bewacht werde. Guz bat die Christen in Deutschland, für den Frieden in der Ukraine zu beten: „Es ist einfacher, einen Krieg zu beginnen, als ihn zu beenden.“ In der Hauptstadt sind durch seine Arbeit bislang zwei Gemeinden entstanden. Eine dritte – sie gehören alle zu den Evangeliumschristen – befindet sich in der Gründung.

Russland: Behörden versuchen, Christen einzuschüchtern

Der Missionsleiter von „Licht im Osten“, Pfarrer Johannes Lange, berichtete über die „ambivalente Situation“ in Russland. Dort sind seit 2016 Antiterrorgesetze in Kraft, die sich auch auf die Arbeit von Religionsgemeinschaften auswirkten und missionarische Tätigkeiten einschränkten. So dürften keine Gottesdienste mehr in Wohnungen oder Büros gefeiert werden, sondern nur in „religiösen Gebäuden“. Freikirchen werde mit einem verstärkten Misstrauen begegnet. So sei etwa in Uljanowsk der Pachtvertrag für ein Freizeitgelände mit der Begründung nicht verlängert werden, dass das Gelände neu vermessen werden müsse. Das tue die zuständige Behörde aber nicht, um die missionarische Freizeitarbeit zu blockieren. Als ein Pastor einer registrierten Gemeinde in einem Fluss eine Taufe vornehmen wollte, sei er von der Polizei abgeführt worden. Immer wieder komme es vor, dass nichtregistrierten Gemeinden ihr Gemeindehaus, in dem sie sich schon über viele Jahre versammelt hatten, weggenommen werde. Als allgemeine Stimmung nehme man im Land wahr, dass die Behörden versuchten, die Christen immer mehr einzuschüchtern. Auf der anderen Seite hätten viele Protestanten genau analysiert, welche Nischen es in diesen Gesetzen gibt, um noch evangelistisch tätig sein können. Manches lasse sich beispielsweise schon durch alternative Bezeichnungen lösen. In der Kaukasus-Republik Armenien gründeten Lange zufolge 2018 mehrere Christen den Verein „Licht im Osten Armenien“. Zu den ersten Aktivitäten des neuen Vereins gehörte die Herausgabe der Kinderzeitschrift „Tropinka“ („Der kleine Pfad“) in armenischer Sprache. Die Nachfrage sei so groß, dass man die Auflage nun von 3.000 auf 5.000 Exemplare erhöht habe, so Lange.

 

Moldawien: Hohe Arbeitslosigkeit, viele Möglichkeiten in den Schulen

Der moldawische Sportmissionar Alexander Pulew sagte, dass sein Heimatland unter einer hohen Arbeitslosigkeit, Armut und Korruption leide. Von den dreieinhalb Millionen Bürgern lebe knapp eine Million im Ausland, um dort zu arbeiten. Deswegen wüchsen Kinder häufig nicht bei ihren Eltern auf. Diese Situation sei für sie belastend, so dass ein Arbeitsschwerpunkt von Licht im Osten in Moldawien die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sei. Der Staat sei für Unterstützung dankbar. Das Werk dürfe auch in den Schulen tätig sein und beispielsweise im Ethikunterricht mit den Jugendlichen über die Gefahren von Drogensucht und Menschenhandel sprechen: „Gott öffnet uns viele Türen.“

Gottfried Holland: Wie Gott das Leben eines Abhängigen komplett verändert

In der Festpredigt sagte der Leiter der Gnadauer Brasilien-Mission, Pfarrer Gottfried Holland (Schwieberdingen), dass Jesus alle Menschen gleich liebe – „egal, ob sie es verdient haben oder nicht“. Er erzählte die Geschichte des Brasilianers Ivoney Koerich. Weil sein Vater einen anderen Mann erschossen hatte, musste er als Zwölfjähriger gemeinsam mit seiner Mutter und drei Geschwistern das Heimatdorf verlassen. In der Großstadt wurde er drogenabhängig, trank Alkohol und stahl. Als er ganz unten angekommen war, suchte er den Kontakt zu einem Missionar der Gnadauer Brasilien-Mission. Dieser versprach, ihm zu helfen, wenn er gleichzeitig einen Entzug in einer Einrichtung des Werkes machte. Koerich ließ sich darauf ein, kam von den Drogen los und wurde Christ. Dazu Holland: „Wir hätten vielleicht den verschmutzten, kriminellen jungen Mann abgewiesen. Aber Gott nimmt ihn an.“ Koerich habe anschließend eine Bibelschule besucht und sei heute Missionar der Gnadauer Brasilien-Mission in der 30.000-Einwohner-Stadt Pomerode im Süden des Landes. „Licht im Osten“ wurde 1920 in Wernigerode/Harz gegründet, um unter den einstigen russischen Kriegsgefangenen und unter den Völkern der Sowjetunion die biblische Botschaft auszubreiten. Später zog das Werk nach Korntal um und weitete seine Arbeit auf den gesamten kommunistischen Ostblock aus. Zu den heutigen Aufgaben gehört neben der Unterstützung von Partnermissionen und von rund 100 einheimischen Missionaren und Mitarbeitern die Herstellung von Bibeln, theologischer Literatur, Lebensbeschreibungen und Zeitschriften in über 30 Sprachen. Beliebt ist die evangelistische Kinderzeitschrift „Tropinka“, die in neun Sprachen erscheint und über 1,5 Millionen Leser in mehr als 60 Ländern erreicht. Vorsitzender ist der württembergische Pfarrer Martin Hirschmüller (Korntal-Münchingen).