26.08.2022
Deutschland: Islamwissenschaftler verklagt Sunnitischen Schulrat
Freiburg: Abdel-Hakim Ourghi wurde die Erteilung der Lehrerlaubnis verweigert
Freiburg (IDEA) – Der in Freiburg lehrende liberale Islamwissenschaftler und Pädagoge Abdel-Hakim Ourghi verklagt die „Stiftung Sunnitischer Schulrat“ vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Hintergrund ist die Weigerung des Gremiums, ihm seine Lehrbefugnis zu erteilen. Ourghi hatte darauf seit Mai 2021 gewartet. Der Schulrat wird aus Vertretern des Landesverbandes der Islamischen Kulturzentren (LVIKZ) und der Islamischen Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland gebildet. In der Vergangenheit stand der LVIKZ vor allem wegen islamischen Schülerheimen in der Kritik, da den Schülern dort ein integrationsfeindliches und strenggläubiges Islambild vermittelt worden sei. Fachleute sprachen von Indoktrination und Gehirnwäsche der Schüler. Die Landesregierung hatte zwischenzeitlich einen Kompromissvorschlag unterbreitet: Ourghi könne mit seinen bisherigen Aufgaben an der Pädagogischen Hochschule Freiburg verbleiben und auch weiter in der Lehrerbildung tätig sein. Die Erteilung einer Lehrerlaubnis wäre dann obsolet. Gleichzeitig solle im Einvernehmen mit der Stiftung eine zusätzliche Professur an der Hochschule besetzt werden. Ourghi hatte jedoch bereits angekündigt, dass er rechtliche Schritte ergreifen wolle, falls er bis 31. Juli keine Lehrbefugnis erhalten sollte.
Klage hat Aussicht auf Erfolg
Die Klageschrift ist bereits am 12. August beim Verwaltungsgericht eingegangen. Ourghis Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel (Hamburg) erklärte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA, dass das Gericht der Gegenseite eine Frist von sechs Wochen zur Klageerwiderung gesetzt habe. Er selbst schätze die Chancen für einen Erfolg der Klage als durchaus realistisch ein. Ourghi wird aktuell von der Pädagogischen Hochschule auch ohne die Lehrerlaubnis beschäftigt. Er stellt die Legitimität des Sunnitischen Schulrates ohnehin infrage, der die Vielfalt des Islams laut seiner Ansicht gar nicht abbilde. Das Land Baden-Württemberg versuche damit, einen islamischen Dachverband zu installieren, der gerade einmal 40 der etwa 500 Moscheegemeinden vertrete. Ourghi plädiert deshalb dafür, einen Islamkunde-Unterricht ohne Beteiligung der Verbände anzubieten. Er hatte bereits 2017 Bekanntheit erlangt, als er ein Papier mit 40 Thesen für einen reformierten Islam an die Tür der Dar-as-Salam-Moschee in Berlin anschlug. Der gebürtige Algerier ist außerdem Mitbegründer der liberalen Berliner Ibn-Rushd-Goethe-Moschee. 2017 erschien sein Buch „Reform des Islam. 40 Thesen“. Sein Fall hat es sogar in den Bericht des US-Außenministeriums zur Internationalen Religionsfreiheit für das Jahr 2021 geschafft.