26.05.2022

Jemen: Land im Krieg, Christen in Gefahr

AKREF/IIRF-D/ICC/26.05.22 - Während sich die Welt auf den russischen Einmarsch in der Ukraine konzentriert, wurde dem sich verschärfenden Krieg im Nahen Osten, wo der Jemen seit 2014 in einen langanhaltenden Bürgerkrieg verwickelt ist, wenig Aufmerksamkeit geschenkt.  Der Yemen ist historisch geteilt zwischen dem Schiitischen Norden und dem sunnitischen Süden. Von 1962 bis 1990 waren es getrennte Staaten. Im Norden dominiert der Volkstamm der Houthis. In der Presse werden mit „Houthis“ die „Ansar Allah“ (Anhänger Gottes) bezeichnet, eine bewaffneten Rebellenbewegung, die 2014, drei Jahre nach einer Revolution 2011/12, die Kontrolle über den ehemaligen Nordjemen erlangte. Danach begannen die Kämpfe zwischen den Houthis/Ansar Allah, und Al-Islah, der wichtigsten radikalislamischen sunnitischen Partei im Jemen. Im Jahr 2015 weitete sich der Konflikt aus. Der Jemen wurde zum Zentrum des regionalen militärischen Engagements von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und ihren Verbündeten. Diese unterstützen die sunnitisch geführte Regierung von Präsident Rabbu Mansur Hadi gegen die schiitischen Houthis, die sie als Stellvertreter Irans betrachten. Zwar gehört der Stamm der Houthis zu den schiitischen „Zaiditen“, oder „siebener Schia“ wegen der Zahl der von Ihnen anerkannten historischen Imame und unterscheiden sich darum von den „Zwölfer Schia“ des Iran, aber der Iran unterstützt und befeuert ihren Krieg gegen die Sunniten.

2022 kam es zu einer dramatischen Eskalation der Militäroperationen in Jemen und der umliegenden Region.   Eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition hat als Vergeltung für die Raketen- und Drohnenangriffe der Houthi-Truppen auf das Gebiet der VAE und Saudi-Arabiens verstärkt Luftangriffe auf Regionen in Jemen geflogen. Einem Bericht des UN-Menschenrechtsrats vom Frühjahr dieses Jahres zufolge, hatte sich die Zahl der Luftangriffe verdoppelt und lag im Jahr 2021 bei über 600 Angriffen pro Monat. Die Angriffe der Houthi auf saudi-arabisches und VAE-Territorium ihrerseits haben entsprechend zugenommen, wobei ballistische Raketen und Drohnen wichtige Ziele wie Ölraffinerien getroffen haben. Auch wichtige Infrastruktur wie Wasserentsalzungsanlagen wurde angegriffen. Beide Seiten werden von der UNO beschuldigt, internationale Kriegsverbrechen begangen zu haben. In einem Bericht der International Crisis Group heißt es, dass sich der Krieg im Jemen mit den regionalen Spannungen überschneidet und diese weiter anheizt und dass er darum auch intern immer komplizierter und schwieriger zu lösen wird.

Nach den neuesten Daten der Vereinten Nationen, die vom Worldometer abgeglichen wurden, beläuft sich die aktuelle Bevölkerungszahl des Jemen im Mai 2022 auf 31.056.210. Die Jemeniten sind zu 99 Prozent Muslime, ein Drittel davon sind Schiiten, die restlichen zwei Drittel bekennen sich zum sunnitischen Islam. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung sind Christen. Die meisten Christen in Jemen sind Ausländer mit äthiopisch- oder russisch-orthodoxem Hintergrund, kleinere Zahlen sind katholisch oder protestantisch geprägt.

Die nach Recherchen von IIRF-D einige Tausende zählenden einheimischen jemenitischen Christen haben sich vom Islam abgewandt und müssen ihren Glauben im Geheimen praktizieren, indem sie sich in kleinen Gruppen in Häusern oder im Freien treffen. Da Jemen ein islamisches Land ist, in dem Gesetze gegen Apostasie und Blasphemie gelten, sind „Abtrünnige“ vom Islam, die Christen geworden sind, einer Vielzahl von Verfolgungen ausgesetzt, darunter Ausschluss aus dem Familien- und Gesellschaftsleben, Verlust des Arbeitsplatzes, körperliche und seelische Misshandlung, Inhaftierung, Vergewaltigung, Zwangsheirat und Tod. Das Ausmaß und die Ursachen der Verfolgung sind von Region zu Region unterschiedlich. Das Stammesdenken ist stark ausgeprägt, und oft geht die schwerste Verfolgung vom eigenen Stamm oder Clan aus.

Im nordwestlichen Drittel des Landes, wo die schiitischen Houthis das Sagen haben, sind die Christen aufgrund der dort herrschenden strikten Einhaltung der Scharia und der strengen polizeilichen Kontrolle am stärksten gefährdet. Aber auch im Süden, wo es eine starke Al-Queda-Präsenz gibt, sind Konvertiten vom Islam zum Christentum ebenfalls stark gefährdet.

Trotz extremer Not, Verfolgung, Inhaftierungen und Todesdrohungen wächst die Gemeinde Jesu im Jemen. Weil es extrem gefährlich ist, sich als Christ zu erkennen zu geben, ist der Zugang zur Bibel und anderen christlichen Ressourcen im Internet und über christliche Medien der Schlüssel zur Verbreitung des Evangeliums und zur Nachfolge in diesem so zerschundenen Land.

Quellen: International Christian Concern; www.persecution.org

http://www.globalreligiousfutures.org/countries/yemen/religious_demography#/?affiliations_religion_id=37&affiliations_year=2010