21.11.2022

Ukraine: „Die Bibel ist das Trostbuch im Krieg“

Wie Christen in der Ukraine geistlich zusammenrücken

Freudenberg/Kiew (IDEA) – Der Angriffskrieg des „russischen Despoten“ Wladimir Putin und seiner Armee auf die Ukraine lässt die dortigen Christen geistlich zusammenrücken. Das berichtet der Leiter der Mission für Süd-Ost-Europa (MSOE), Friedemann Wunderlich (Freudenberg bei Siegen), in der Zeitschrift des Werkes. Wie er schreibt, hat der Krieg das Gemeindeleben und den Glauben der Christen verändert. Die unmittelbar vom Krieg Betroffenen gingen nicht nur nach Gewohnheit zweimal in der Woche zu Gemeindeveranstaltungen, sondern lebten Tag für Tag Glaubensgemeinschaft. Man treffe sich ohne Einladung und bete ohne Aufruf. Christen dienten einander, ohne dafür eine Anerkennung zu bekommen. Man streite nicht mehr über nebensächliche Themen. Wunderlich: „Das Leben wird auf die Ewigkeit ausgerichtet, weil der Tod für Jung und Alt jederzeit ins Haus kommen kann. Die Bibel ist das Trostbuch im Krieg.“ Wunderlich zufolge führen Putin und seine Armee einen erbarmungslosen Krieg gegen das Brudervolk im Nachbarland. „Ukrainer, die keine Russen sein wollen, sollen vernichtet werden.“ Russland zeige der Welt sein schreckliches Gesicht: „Putin und seine Armee lassen Ortschaft für Ortschaft bombardieren, foltern die Gefangenen, morden Zivilisten, vergewaltigen Frauen, plündern die Häuser in den eroberten Gebieten, verschleppen Zehntausende Kinder nach Russland und erziehen alle Bewohner in den besetzten Gebieten um.“ Die MSOE wolle keinen Hass säen und veröffentliche deshalb keine „Elendsbilder“. Aber man dürfe Leid und Ungerechtigkeit nicht verschweigen: „Das sind wir den Opfern schuldig.“ Das Missionswerk wolle Menschen in ihrer Not helfen, „indem wir an sie denken, für sie beten und mögliche Hilfe zu ihnen bringen“. Aber Geld ersetze keine Leben, und humanitäre Güter linderten keine seelische Not. „Es ist und bleibt unser Anliegen, all diesen Menschen Gottes Wort zu bringen.“

Mitarbeiterin in Mariupol durch Bombe getötet

Besonders betroffen gemacht habe die MSOE der Tod einer Mitarbeiterin in Mariupol. Die 65-jährige Ludmilla habe in einem Hospiz für Alte und Kranke gearbeitet und sei bei einem russischen Bombenangriff getötet worden. Die geistliche und soziale Arbeit gehe trotz der russischen Besetzung weiter – auch mit Hilfe von Mitarbeitern aus Russland. So werde in einem Jugendzentrum Essen für Bewohner gekocht. Man schätze, dass derzeit noch etwa 60.000 Menschen in der zerstörten Stadt leben. Es gebe kaum Strom, keine Heizung und kein sauberes Wasser. Der anbrechende Winter werde in Mariupol, wie auch in vielen anderen zerstörten Gebieten, eine humanitäre Katastrophe für die Menschen auslösen. Wunderlich weiter: „Unser Gebetsanliegen ist es, dass die Stadt Mariupol und die gesamte Ukraine bald wieder unter ukrainischer Hoheit stehen werden, damit unsere Arbeit dort uneingeschränkt weitergeführt werden kann, wie es vor dem Ausbruch des Krieges über viele Jahre geschehen konnte.“

15 Mitarbeiter in der Ukraine

Nach Angaben des Missionsleiters sind momentan 15 Mitarbeiter des Werkes in verschiedenen Städten der Ukraine im Einsatz. Wie Wunderlich der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA mitteilte, ist die MSOE auch in russisch besetzten Gebieten in Verbindung mit Christen. „Wir dürfen aber aus Schutzgründen keine Orte und Namen nennen.“ Einige Mitarbeiter, die die Angriffe in Mariupol unmittelbar erlebt hätten, seien traumatisiert, aber sie dienten weiter. Alle Mitarbeiter in der Stadt hätten ihren gesamten persönlichen Besitz einschließlich ihrer Wohnungen verloren. Wunderlich zufolge arbeitet das Missionswerk auch unter ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland. Dazu seien fünf Mitarbeiter in Siegen und Gomaringen bei Tübingen tätig.