23.10.2022
Deutschland: „Leben.Würde“-Kongress
An dem Kongress nahmen rund 450 Besucher teil
Schwäbisch Gmünd (IDEA) – Für einen umfassenden Lebennschutz haben sich Redner auf dem Kongress „Leben.Würde“ vom 21. bis 23. November in Schwäbisch-Gmünd ausgesprochen. Veranstalter waren das Christliche Gästezentrum Württemberg „Schönblick“ (Schwäbisch Gmünd), der Bundesverband Lebensrecht (BVL) und die Evangelische Nachrichtenagentur IDEA. Schirmherren sind die evangelische Pfarrerin und ehemalige thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sowie der katholische Passauer Bischof Stefan Oster. Er betonte in seinem per Videobotschaft übertragenen Grußwort, dass Christen notwendig als „Anwälte für das Leben“ auftreten müssten. Das ungeborene Kind entwickle sich nicht erst „von etwas zu jemandem“, sondern sei von Anfang an ein Mensch, der geschützt werden müsse. Wer ein Ultraschallbild von seinem Kind im Mutterleib zeige, würde nie auf die Idee kommen, in diesem Zusammenhang „von einem Zellhaufen“ zu sprechen.
Lieberknecht: Der Mensch wird übergriffig
Lieberknecht verwies auf den Zusammenhang von Menschenbild und Lebensrecht. Gott habe den Menschen nach seinem Bilde geschaffen. Wer diese Auffassung ablehne, werde übergriffig. Denn dann entscheide der Mensch an der Stelle von Gott über die Frage, unter welcher Voraussetzung und zu welchem Zeitpunkt dem Menschen Würde zukomme. Die abschüssige Bahn sei dann vorgezeichnet. Sie nannte in ihrem Vortrag unter anderem die Abschaffung des Paragrafen 219a StGB (Werbeverbot von Abtreibung). Dies sei ein Baustein auf dem Weg zu einem vielfach geforderten „Menschenrecht auf Abtreibung“. Sie betonte, dass die Liebe Gottes zu den Menschen bedingungslos sei. Deswegen würden Christen auch bedingungslos dort helfen, „wo Hilfe nottut“: „Wir sehen die tiefen Konfliktsituationen, in denen sich Menschen befinden und wissen jeden einzelnen Menschen von Gott geliebt.“ Gleichzeitig brauche es mehr Unterstützung aus der Politik etwa im Bereich der Palliativversorgung, der Hospizbewegung, für Beratungs- und Hilfsangebote und für Menschen mit Behinderungen. Lieberknecht rief dazu auf, weiterhin „unverdrossen“ auf Abgeordnete zuzugehen, um sie für konkrete Hilfe vor Ort zu gewinnen. Ferner warb sie dafür, in den Debatten einladend zu sprechen. Gleichzeitig müssten Christen widersprechen, wenn die Tötung ungeborenen Lebens im Mutterleib mit beschönigenden Worten dargestellt werde, so Lieberknecht.
Ein Wegfall des Abtreibungsverbots setzt Frauen noch mehr unter Druck
Die für das deutschlandweite Beratungs- und Hilfsangebot „vitaL“ und die „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA) tätige Beraterin Sandra Sinder berichtete aus ihren Erfahrungen mit Frauen im Schwangerschaftskonflikt. Sie müsse betonen, dass die Rede von der Selbstbestimmung der Frau in dieser Lage ein „Ammenmärchen“ sei. Jeder, der schon einmal in einer Ausnahmesituation gewesen sei, könne bestätigen, dass es mit der Selbstbestimmung dann „nicht weit her“ sei. Sinder warnte außerdem dringend davor, Abtreibung als normale Gesundheitsversorgung zu betrachten und zu regeln. Denn dann könnten sich Frauen überhaupt nicht mehr gegen den Druck von außen wehren, ihr Kind abzutreiben. Der Verweis auf das nach wie vor in Deutschland geltende Abtreibungsverbot biete hier zumindest noch einen gewissen Schutz gegenüber der Nötigung durch Dritte. Sie versuche, den Frauen zunächst den Druck zu nehmen, so dass sie auf ihr Inneres hören könnten. Sie befänden sich nämlich in einem „Wechselspiel zwischen Angst und Liebe“ – der Angst vor der Zukunft und den Umständen und der Liebe zu ihrem Kind. „Es ist immer besser, sich für die Liebe zu entscheiden.“
Cullen: Wer bewusst tötet, ist kein Arzt
Der Vorsitzende der „Ärzte für das Leben“, Prof. Paul Cullen (Münster), warb dafür, „Oasen“ für Ärzte und Medizinstudenten zu schaffen, die sich weigerten, an Tötungen mitzuwirken. Es müsse auch in Zukunft Kliniken geben, in denen Patienten sicher sein könnten, dass die „Tötung auf Verlangen“ keine Option sei. Die Entwicklung in den Niederlanden sei in dieser Hinsicht bereits weiter vorangeschritten als in Deutschland. Er wisse bereits von älteren Menschen, die aus den Niederlanden in deutsche Kliniken kämen, „weil sie Angst haben, in ihrer Heimat euthanasiert zu werden“. Cullen betonte in diesem Zusammenhang, dass es aus seiner Sicht keine Interaktion zwischen Arzt und Patient mit dem Ziel geben dürfe, den Patienten zu töten. „Wer den Tod eines Menschen willentlich herbeiführt, ist kein Arzt. Das gehört nicht zum Beruf des Arztes.“ Im Übrigen gebe es auch Länder, in denen das Recht auf Leben wirkungsvoll verteidigt werde. Cullen wies in diesem Zusammenhang auf Polen hin, wo es aufgrund der dort geltenden Gesetzgebung deutlich weniger Abtreibungen gebe als in anderen Ländern.
Was die „Jugend für das Leben“ tut
Carmen Czampiel (Augsburg) von der „Jugend für das Leben“ stellte die Arbeit des Zusammenschlusses vor. Die Mitarbeiter seien in der Bildungsarbeit tätig und gingen unter anderem in Schulen und Gemeinden, um darüber zu berichten, was bei einer Abtreibung passiere. Dabei gebe es immer wieder positive Rückmeldungen. So habe sich nach einem Schuleinsatz eine Schwangere dafür entschieden, ihr Kind zu bekommen. Ferner gebe es Onlinekurse, etwa unter dem Titel „Wissenswert.Lebenswert“. Dort werde über unterschiedliche ethischen Themen berichtet, so Czampiel. Als Kooperationspartner des dreitägigen Kongresses mit über 450 Teilnehmern fungierten knapp 20 Lebensschutzorganisationen und kirchliche Vereinigungen, darunter neben ALfA die christliche Menschenrechtsorganisation ADF International (Allianz zur Verteidigung der Freiheit), die Evangelische Allianz in Deutschland (EAD), der Evangelische Gnadauer Gemeinschaftsverband sowie der Bund Freier evangelischer Gemeinden (FeG).