13.12.2023

Niederlande: Gewöhnung an das Todesangebot

ein Kommentar von Alexandra Maria Linder

 

(IDEA) Die Niederlande sind für ihre liberale Haltung bei der Sterbehilfe bekannt. Neu ist, dass die Mehrheit der Niederländer mittlerweile auch den assistierten Suizid alter Menschen befürwortet, die nicht sterbenskrank sind. 

Gemäß einer Umfrage befürworten 80 Prozent der Niederländer die Ausweitung des assistierten Suizids auf ältere Personen, die der Ansicht sind, dass ihr Leben zu Ende sei – unabhängig davon, ob sie unheilbare Erkrankungen, chronische Schmerzen oder einen tödlichen Krankheitsverlauf haben. Das Umfrageergebnis verwundert nicht, denn die Gesellschaft hat sich längst an das Todesangebot gewöhnt: Seit 2001 sind in den Niederlanden begleitete Selbsttötung und aktive Sterbehilfe (Euthanasie) legal. Da der assistierte Suizid fehlschlagen kann, wird geraten, einen Arzt anwesend zu haben, der bei Bedarf durch aktives Eingreifen den Tod herbeiführt. Überhaupt wird in den meisten Fällen Euthanasie gewählt.

Vorgesehen waren strenge Bedingungen, Altersgrenzen und genaue Prüfungen. Inzwischen können aber auch Neugeborene euthanasiert werden. Zunehmend lassen sich Demenzpatienten und psychisch erkrankte Menschen euthanasieren, obwohl das geltende Prüfkriterium nach wie vor „unerträgliches Leid“ lautet. Die Zahl der so gestorbenen Menschen steigt stetig: 5,1 Prozent aller niederländischen Todesfälle geschehen durch Euthanasie, 8.720 Fälle waren es im Jahr 2022. Die Prüfbehörden konstatieren, dass nicht alle Fälle gemeldet würden und dass gemäß Befragungen über ein Viertel der Menschen, die Euthanasie beantragen, als Begründung angebe: „Meine Angehörigen können es nicht mehr ertragen.“

Angesichts zunehmender Vereinsamung und überbordender Sozialkosten werden sich die Zahlen weiter erhöhen, was auch in Belgien, Kanada, der Schweiz oder dem US-Bundesstaat Oregon zu beobachten ist, alles Staaten mit ähnlicher Gesetzgebung. Deutschland hat aktuell keine gesetzliche Regelung zur begleiteten Selbsttötung, so dass „Sterbehilfe“-Organisationen hier ungehindert tätig sind.

Statt aufwendiger und kostenintensiver Zuwendung den günstigeren und schnellen Tod anzubieten, ist ein Trend in unseren ethisch dekadenten Kulturen, der nichtsdestoweniger der Menschenwürde diametral widerspricht.

(Die Autorin, Alexandra Maria Linder, ist Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht)