13.10.2023

Deutschland: „Blasphemie im Kirchenraum“

Nürnberger Kirche in der Kritik - Künstler liegt in Lack und Leder mit gespreizten Beinen auf dem Altar

Nürnberg/Neuendettelsau (IDEA) – Eine Performance in der evangelischen Egidienkirche in Nürnberg ist in die Kritik geraten. Dort hatte der Künstler und Lehrer Otakar Skala (Nürnberg) zu den Liedern „Holy Water“ und „Vogue“ von Madonna einen Auftritt in Lack und Leder im Kirchenraum. Dabei lag Skala auch auf dem Altar unter einem mehrere Meter hohen Kruzifix auf dem Rücken, spreizte die Beine und deutete mit Bewegungen Sexualverkehr an. Die Darbietung in der Altstadtkirche ist seit Mitte Januar auf dem YouTube-Kanal von Skala zu sehen. Kritiker sehen darin Blasphemie und einen Missbrauch des Kirchenraums.

Pfarrer: Auseinandersetzungen mit Kirchenraum und Körperlichkeit ist gewünscht

Der Pfarrer der Gemeinde, Thomas Zeitler, äußerte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA, die Performance sei Bestandteil der Vernissage zu einer Ausstellung in Kooperation mit der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg gewesen. Diese Kooperation solle „jungen Künstler*innen“ zeigen, dass die Kulturkirche St. Egidien an ihren Gedanken und Positionen interessiert sei und ihnen dazu einen unzensierten Gestaltungsraum zur Verfügung stelle. Die Darbietung von Skala sei in diesem Setting zu verstehen: „Queere Körperlichkeit in ihrem hart erkämpften Selbstbewusstsein, aber auch ihrer Verletzlichkeit, bringt sich an Orten im Kirchenraum zur Sichtbarkeit, die verstanden werden können als ein ,vor Gott bringen‘ der eigenen Person und Individualität.“ Zeitler weiter: „Nach unserem Selbstverständnis als Kulturkirche sind solche Auseinandersetzungen mit Kirchenraum und Körperlichkeit willkommen und gewünscht. Argumente, warum diese Performance gotteslästerlich sein sollte, müssten erst noch beigebracht werden, um darüber diskutieren und Stellung nehmen zu können.“

Arbeitskreis Bekennender Christen: Missbrauch von Kirchensteuern

Der Arbeitskreis Bekennender Christen (ABC) in Bayern bezog sich in seiner Kritik auf eine Äußerung von Jesus in Lukas 19,46 („Es steht geschrieben: ,Mein Haus wird ein Bethaus sein‘; ihr aber habt es zur Räuberhöhle gemacht“). ABC-Pressesprecher Hans-Joachim Vieweger (München) sagte IDEA, dass „hier ein Kirchenraum durch eine anzügliche Performance missbraucht wird“. In der Egidienkirche werde Blasphemie betrieben. Es sei erschreckend, wie eklatant damit gegen kirchliche Grundüberzeugungen verstoßen werde. Erst vor kurzem habe sich die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern im Prozess „Profil und Konzentration“ verständigt, „sich am Auftrag der Heiligen Schrift (zu) orientieren“ und alle „Arbeitsformen und Ressourceneinsatz konsequent auf das Ziel hin (zu) orientieren“, dass „Menschen mit ihren heutigen Lebensfragen einen einfachen Zugang zur Liebe Gottes finden“. Vieweger: „Unmittelbar verantwortlich für diese krasse Abweichung ist der so genannte ,Profilpfarrer für Kunst und Kultur an St. Egidien‘, Thomas Zeitler, dessen Wirken vom zuständigen Kirchenvorstand und Dekanat endlich hinterfragt werden sollte.“ Eine als „Kulturkirche“ verstandene Kirche werde schnell zu einer „x-beliebigen Event-Location“: „Dafür aber dürfen keine Kirchensteuermittel aufgebracht werden, es handelt sich vielmehr um einen Missbrauch von Kirchensteuern.“

Schulträger: Künstlerische Arbeit spielt im Unterricht keine Rolle

Skala ist auch an einer privaten evangelischen Schule tätig: Seit Juli 2023 arbeitet er an der Laurentius-Fachoberschule auf dem Löhe-Campus in Neuendettelsau im Zweig Gestaltung, seit September ebenso als Kunstlehrer am dortigen Laurentius-Gymnasium. Träger der Bildungseinrichtungen ist „Diakoneo“, der größte Diakonieverbund Süddeutschlands. Er entstand 2019 aus dem Zusammenschluss des Evangelisch-Lutherischen Diakoniewerks Neuendettelsau und des Evangelischen Diakoniewerks Schwäbisch Hall. Der Pressesprecher von Diakoneo, Markus Wagner, teilte auf IDEA-Anfrage mit, der Träger beurteile Skala „allein aufgrund seiner persönlichen und fachlichen Eignung als Lehrkraft“. Auf die Frage, ob Diakoneo die Performance als gotteslästerlich ansehe, antwortete Wagner, dass die „künstlerische Arbeit“ von Skala im Unterricht keine Rolle spiele.

 

KSBB: Der Dienst Christi an uns Menschen wird verhöhnt

Die Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern (KSBB) verwies in ihrer IDEA-Stellungnahme auf den Gründer der Neuendettelsauer Diakonie, Wilhelm Löhe (1808–1872), und seine Aussage „Alle Diakonie geht vom Altar aus!“. Dazu der KSBB-Vorsitzende Andreas Späth (Windsbach): „Wie ist es möglich, dass einem Künstler, der den Dienst Christi an uns Menschen verhöhnt, der diakonische Auftrag der Kirche anvertraut wird?“ Gegenüber dem Laurentius-Gymnasium in Neuendettelsau stehe die Büste Löhes. Auf dem Sockel seien die Worte aus Daniel 12,3 eingemeißelt: „Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz.“ Späth: „Welch ein Kontrast zur Gegenwart.“ In der Kirche würden an der Stelle, wo man sonst Leib und Blut Christi im Heiligen Abendmahl reiche und an dem das Wort Gottes in Form der Altarbibel die Präsenz des Heiligen anzeige, „in gotteslästerlicher Weise Tänze, die an die Kultprostitution heidnischer Götzendienste erinnern, dargebracht“. Alles erinnere an einen heidnischen Kult, „in dem seine Diener nun ihre gotteslästerlichen Gräuel auf den Altären Gottes ausleben“.

Landesbischof will sich nicht äußern

Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm (München), wollte sich auf IDEA-Anfrage nicht zu der Darbietung äußern. Eine Anfrage an Skala blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Die Egidienkirche war unlängst durch die Ausstellung „Jesus liebt“ mit Bildern des Filmemachers Rosa von Praunheim in die Kritik geraten. Die Ausstellung wurde vorzeitig abgebrochen.