30.10.2023

Deutschland: Volker Kauder nennt EKD-Stellungnahme zu Paragraf 218 „irrsinnig“

Der frühere CDU-Politiker sprach bei der Konferenz des NbC Pfalz

Landau (IDEA) – Die schwankende Haltung der beiden großen Kirchen in zentralen ethischen Fragen macht es christlichen Politikern schwer, ihre Positionen zu verteidigen. Das hat der frühere Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Prof. Volker Kauder, am 28. Oktober bei der 18. Profilkonferenz des „Netzwerks bekennender Christen – Pfalz“ (NbC) beklagt. Zu der Veranstaltung waren rund 100 Besucher in die Räume der „Er-lebt Gemeinde“ in Landau gekommen. Kauder nannte als Beispiel die jüngste Stellungnahme des Rates der EKD zu vorgeburtlichen Kindstötungen, der sich für eine Liberalisierung der Abtreibungsgesetzgebung ausgesprochen hatte. Abtreibungen könnten laut EKD teilweise auch außerhalb des Strafrechts geregelt werden. Spätestens ab der 22. Schwangerschaftswoche sollte eine Abtreibung demnach weiterhin strafrechtlich geregelt und nur in klar definierten Ausnahmefällen zulässig sein, so die Stellungnahme. Kauder nannte diese Position „irrsinnig“. Es widerspreche dem Willen Gottes, wenn man bis zu einem so späten Zeitpunkt während der Schwangerschaft abtreiben könne. Auch von der römisch-katholischen Kirche nehme er keinen wirklichen Widerstand gegen eine Liberalisierung der Abtreibungsgesetzgebung wahr. Genauso sei es auch 2017 bei der Einführung der sogenannten „Ehe für alle“ gewesen. Die Vertreter der Evangelischen Allianz hätten zwar ihm gegenüber ihre Kritik an deren Einführung geäußert, die katholische Kirche habe jedoch keine klare Position bezogen und die evangelische sogar für die „Ehe für alle“ plädiert. In dieser Situation habe er nicht verhindern können, dass im Bundestag eine Mehrheit für die Einführung zustande gekommen sei. Wenn aus den Kirchen unterschiedliche Botschaften kämen, dürfe niemand mehr erwarten, dass die christlichen Politiker im Bundestag zu einer einheitlichen Position fänden.

Als Christen auch Minderheitspositionen verteidigen

Kauder ging auch auf die Situation der gastgebenden „Er-lebt Gemeinde“ ein. Zum Hintergrund: Der Landauer Oberbürgermeister Dominik Geißler (CDU) hatte im Mai die Zusammenarbeit der Stadt mit der Gemeinde aufgekündigt. Als Grund nannte er deren Position zu praktizierter Homosexualität. Kauder erklärte mit Blick auf den Fall, dass Christen zu ihren Positionen stehen sollten, auch wenn sie sich in der Minderheit befänden. Wenn man der Auffassung sei, dass die Bibel praktizierte Homosexualität als Sünde bezeichne, „muss man das sagen und dann auch mit den Konsequenzen leben“. Jesus Christus habe schließlich angekündigt, dass seine Nachfolger um seinetwillen geschmäht und verfolgt werden. Es komme dabei jedoch darauf an, immer deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass Christen alle Menschen liebten. Er selbst nehme wahr, dass über den richtigen Umgang mit praktizierter Homosexualität sehr viel in den Gemeinden gestritten werde. Die Evangelisch-methodistische Kirche habe sich wegen dieser Frage sogar gespalten. Es sei zwar wichtig, dass Christen ihre eigenen Überzeugungen mutig artikulierten, er wünsche sich jedoch, dass sie in der Öffentlichkeit weniger wegen ihrer Haltung zu praktizierter Homosexualität als wegen ihres Bekenntnisses zu Jesus wahrgenommen würden.

Hauck: Wir werden ständig mit dem Thema Homosexualität konfrontiert

Der evangelische Pfarrer Ulrich Hauck (Barbelroth bei Landau) vom Vertrauensrat (Leitung) des NbC, verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass theologisch konservative Christen das Thema nicht von sich aus ständig behandeln würden. „Wir werden ja getrieben, Stellung zu beziehen. Meiner Meinung nach gehört der Umgang mit Homosexualität eigentlich in die Seelsorge. Wir sind jedoch als Christen der Schöpfungsordnung verpflichtet.“ Gott habe den Menschen als Mann und Frau geschaffen. Darum gelte es klar Stellung zu beziehen, wenn man darauf angesprochen werde. Um die Relevanz der Debatte um Sexualität in Gesellschaft und Kirche zu unterstreichen, verwies Hauck auf einen Vorfall, von dem er kürzlich erfahren habe. Eine Lehrerin sei nach den Sommerferien in die Klasse gekommen und habe erklärt, nun als Mann zu leben. Das habe die Kinder sehr verunsichert.

 

Felber: Man kann die Gebote Gottes nicht vom Evangelium trennen

Der Leiter des Gemeindehilfsbundes, Pfarrer Stefan Felber (Walsrode), sagte auf der Konferenz, dass zur Verkündigung des Evangeliums notwendigerweise der Hinweis auf die Gebote Gottes als lebensdienliche Ordnung gehöre. Gott habe den Israeliten sein Gesetz gegeben, damit sie ein Vorbild für die Völker sein könnten, die um sie herum gelebt hätten. Solange sie seinen Geboten gehorcht hätten, seien sie von ihm gesegnet worden. Wenn sie sich davon abgewandt hätten, seien jedoch irgendwann Krieg, Hunger und Not die Folgen gewesen. Mit Bezug zur Gegenwart warnte Felber davor, denselben Weg zu gehen. „Wenn man sich nicht mehr an die Gebote hält, verliert man über kurz oder lang auch die Segnungen Gottes.“ Das zeige sich bereits in vielen Ländern, deren Wirtschaft und Natur im Niedergang begriffen seien. „Die Klimaaktivisten haben eine sehr eingeschränkte Sicht auf die Umweltprobleme. Sie kommen gar nicht auf die Idee, dass es einen Zusammenhang mit Gottes Gericht geben könne.“ Auch während der Corona-Krise hätten leitende Kirchenvertreter verneint, dass diese etwas mit Gottes Wirken zu tun haben könne. „So haben viele Christen und Kirchen weithin versagt.“

Vorwurf: Kirche biedert sich Mehrheitsmeinungen an

Als wichtigstes Symptom für die Abwendung der Menschen von Gottes Wort bezeichnete Felber die Anbiederung der evangelischen Kirchen an die medialen Mehrheitsmeinungen. „Aus einer Kirche für das Volk wird so eine Kirche des Volkes; aus einer von oben gestifteten und durch Gottes Wort gezeugten Kirche wird eine Kirche von unten.“ Es sei verheerend, wenn die Kirche Menschen oder Medien nach dem Munde rede, aber vergesse, dass ihre Aufgabe sei, den Menschen auch ein kritisches Gegenüber zu sein. Offensichtliche Tabubrüche, die in den Kirchen nun geschähen, seien nur die Spitze des Eisbergs: „Wir erleben jetzt Pornografie in der Kirche. Wir sehen es in Nürnberg.“ Felber nahm damit indirekt Bezug auf zwei Veranstaltungen in einer Nürnberger Kirche, wo explizite Pornografie zur Schau gestellt worden war. Das Netzwerk bekennender Christen in der Pfalz mit rund 290 Mitgliedern war 2004 als Reaktion auf den Beschluss der Landessynode gegründet worden, die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften im Gottesdienst zuzulassen. Zum Vertrauensrat gehören neben Hauck Pfarrer Traugott Oerther (Schweigen-Rechtenbach), die Gemeinschaftspastoren Friedrich Dittmer (Rockenhausen) und Rainer Wagner (Frankeneck), der Betriebswirt Prof. Helmut Meder (Weingarten) sowie der Vorsitzende der Vereinsgemeinde „Christliche Vereinigung Südpfalz“, Viktor Riemer (Speyer), und deren Kassenwart, Markus Herter (Waldsee bei Ludwigshafen).

Landau: Farbanschlag auf „Er-lebt Gemeinde“ Anlass war möglicherweise der Besuch des CDU-Politikers Volker Kauder -  Anlass war möglicherweise der Besuch des CDU-Politikers Volker Kauder

Landau (IDEA) – Unbekannte haben in der Nacht zum 29. Oktober einen Farbanschlag auf die freikirchliche „Er-lebt Gemeinde“ in Landau verübt. Wie ein Mitglied des Leitungskreises der Gemeinde der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA auf Nachfrage bestätigte, brachten die Täter mit roter Farbe mehrere Sprüche an der Fassade des Gebäudes der Gemeinde an. Darunter waren Botschaften wie „My body, my choice“ (Mein Körper, meine Entscheidung) oder „Kein Gott, kein Staat“. Diese Parolen werden häufig von militanten Abtreibungsbefürwortern verwendet. Außerdem hinterließen die Täter Schmähungen gegen den früheren Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder (Tuttlingen), der am 29. Oktober im Gottesdienst der Gemeinde gepredigt hatte. Schätzungsweise zwölf bis 15 Demonstranten hätten sich zudem vor und zu Beginn des Gottesdienstes vor das Gebäude gestellt. Sie seien jedoch von der Polizei daran gehindert worden, das Gelände der Gemeinde zu betreten. Die „Er-lebt Gemeinde“ hat rund 300 Mitglieder, ihre Gottesdienste werden von etwa 400 Menschen besucht. Sie gehört seit Mai 2023 zum Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG).