20.12.2024
Deutschland: Landeskirche untersagt Pfarrer Amtsausübung
Auf einem Weihnachtsmarkt soll antisemitische Propaganda verbreitet worden sein
Darmstadt (IDEA) – Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN, Darmstadt) untersagt dem Pfarrer der evangelischen Michaelsgemeinde in Darmstadt, Manfred Werner, mit sofortiger Wirkung die Ausübung seines Amtes. Das beschloss die Kirchenleitung am 19. Dezember. Wie die Landeskirche auf ihrer Internetseite mitteilte, darf Werner damit u.a. keine Weihnachtsgottesdienste in seiner Gemeinde leiten. Zum Hintergrund: Auf einem „Antikolonialistischen Friedensweihnachtsmarkt“ der Gemeinde am dritten Adventssonntag soll antisemitische Propaganda verbreitet worden sein. Im Internet wurden Fotos veröffentlicht, auf denen u.a. Schriften mit der Parole „From the river to the sea, palestine will be free“ (Vom Fluss bis zum Meer, wird Palästina frei sein) zu sehen sind. Der Slogan wird vom Bundesinnenministerium als Kennzeichen der palästinensischen Terrorgruppe Hamas eingestuft. Auf einem Stoffbeutel sind die Umrisse des Staates Israels, des Gaza-Streifens und des Westjordanlands zu erkennen. Darauf steht der Schriftzug „Palästina“, so dass die Grafik dem Staat Israel mutmaßlich das Existenzrecht abspricht.
EKHN: Auskünfte sind weiter dürftig
In einer ersten Stellungnahme hatte die EKHN angekündigt, Strafanzeige gegen den Gemeindevorstand wegen des Verdachts der Volksverhetzung zu stellen. Die aufgetauchten Berichte und Bilder seien „zutiefst verstörend“. Die Vorwürfe würden geprüft. Die Landeskirche habe den Kirchenvorstand aufgefordert, sich von der Veranstaltung zu distanzieren. Daraufhin habe der Pfarrer gegenüber der Kirchenverwaltung erklärt, dass er sich von jeglicher Form der Menschenverachtung distanziere, darunter verstehe er auch Rassismus und Antisemitismus. „Wir suchen weiter das Gespräch mit den Verantwortlichen der Gemeinde, um die Vorwürfe aufzuklären. Bislang sind die Auskünfte weiter dürftig“, so die Kirchenleitung. Sie begrüße ausdrücklich auch die Strafanzeige, die die Jüdische Gemeinde Darmstadt gegen die Michaelsgemeinde gestellt hatte.
Weihnachten zur Verbreitung von Judenhass missbraucht
Auch der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU) erstattete Strafanzeige. In einer Pressemitteilung schrieb er: „Hier wurde Weihnachten zur Verbreitung von Judenhass missbraucht.“ In „subtiler, gleichzeitig aber auch aggressiver Form“ habe man israelbezogenem Antisemitismus Raum geboten. So seien die „schlimmsten israelfeindlichen Botschaften als vermeintliche Kunstgegenstände, Plätzchen und Souvenirs“ angeboten worden.
Pfarrer bittet um Entschuldigung
Auf der Internetseite der Michaelsgemeinde bat Pfarrer Manfred Werner in einer Stellungnahme um Entschuldigung. Eine propalästinensische Solidaritätsgruppe habe Symbole gezeigt, welche „die Grenzen der Tolerierung überschreiten“. Die Zurschaustellung dieser Symbole sei mit ihm nicht abgesprochen gewesen und „wäre – da menschenverachtend – von mir auch nie gestattet worden“. Er bedauere zutiefst, dass es zu diesem Vorfall gekommen sei und habe Verständnis für die zurecht entstandene Empörung.