05.07.2024

Deutschland: Bundestag beschließt Verbot von „Gehsteigbelästigung“

Opposition kritisiert das Gesetz als überflüssig und verfassungswidrig

Berlin (IDEA) – Der Bundestag hat mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der Linken ein Verbot von sogenannter „Gehsteigbelästigung“ beschlossen. Danach sind künftig in einem Bereich von 100 Metern um den Eingang von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Abtreibungskliniken „bestimmte, nicht hinnehmbare Verhaltensweisen“ untersagt. Bei Verstößen droht eine Geldbuße von bis zu 5.000 Euro. In der Debatte vor der Abstimmung sagte u.a. die SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge, das Gesetz werde einen „immer wieder vorkommenden, unsäglichen Spießrutenlauf“ von Schwangeren beim Besuch von Beratungsstellen beenden. Die Grünen-Abgeordnete Dennis Loop erklärte, das Gesetz schütze die reproduktiven Rechte von Frauen. Die FDP-Parlamentarierin Katrin Helling-Plahr sagte, keine Frau mache sich die Entscheidung für eine Abtreibung leicht. Das gelte auch für den Gang zu einer Schwangerenkonfliktberatungsstelle. In dieser Situation müsse der Staat die Schwangeren vor übergriffigem Verhalten von „sogenannten Lebensschützern“ schützen.

Opposition: Keine Beweise für Belästigungen

Die CSU-Abgeordnete Susanne Hierl erklärte dagegen, das Gesetz sei überflüssig. Es gebe keine Beweise für die Behauptung, dass Schwangere bei dem Besuch von Beratungsstellen tatsächlich belästigt würden. Weiter sagte Hierl, für die Ampelkoalition sei das geplante Verbot „ein Mosaikstein in einem größeren gesellschaftlichen Umbauplan“. Letztlich gehe es ihr um eine Abschaffung des Paragrafen 218 des Strafgesetzbuches. Zum Hintergrund: Nach der aktuellen Rechtslage sind Abtreibungen in Deutschland durch Paragraf 218 des Strafgesetzbuches grundsätzlich verboten. Sie bleiben aber unter bestimmten Bedingungen straffrei (Paragraf 218a). Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch sagte, das neue Gesetz sei verfassungswidrig. Schon das Wort „Gehsteigbelästigung“ sei ein „erfundener ideologischer Kampfbegriff“. Zu der Behauptung, vor Beratungsstellen komme es zu Übergriffen gegen Schwangere durch Abtreibungsgegner, sagte sie: „Sie erfinden ein Problem, das es nicht gibt.“

Lesen Sie dazu einen Kommentar von IDEA-Redakteur Daniel Scholaster.