14.06.2024

Deutschland: Kontroverse um christliche Hochschultage weitet sich aus

Auch in Heidelberg hat sich die Evangelische Studierendengemeinde distanziert

Heidelberg (IDEA) – Die Debatte um christliche Hochschultage weitet sich aus. Nachdem bereits die Tübinger Hochschultage auf Kritik gestoßen waren, hat sich nun auch die Evangelische Studierendengemeinde (ESG) Heidelberg von den dortigen Veranstaltungen distanziert. Zum Hintergrund: Die Hochschultage fanden vom 10. bis 13. Juni an der Heidelberger Universität statt. Dabei sprachen christliche Referenten über unterschiedliche Themen und setzten sie in Verbindung zu ihrem Glauben. Die Hochschultage wurden von den örtlichen Gruppen der Hochschul-SMD, von Campus Connect, des Jugendverbandes EC („Entschieden für Christus“), der SfC („Studierende für Christus“) sowie Studenten des Friedrich-Hauß-Studienzentrums in Schriesheim organisiert. Der Gemeinderat der Heidelberger ESG ging in einer Stellungnahme auf Distanz zu den Veranstaltern. Als Grund wird unter anderem die Teilnahme des Theologen Gernot Zeilinger (Wien) als Referent genannt. Er leitet das zum Missionswerk Campus für Christus Österreich gehörende Projekt „Profundum“, das sich mit apologetischen Fragen beschäftigt. In diesem Zusammenhang spricht er regelmäßig mit Vertretern unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen.

ESG: Zeilinger vertritt ein „fundamentalistisches“ Bibelverständnis

Die ESG kritisiert, dass Zeilinger in der Vergangenheit öffentlich „mit homo-, queer- und transphoben sowie antifeministischen, antipluralistischen und fundamentalistischen Positionen aufgetreten“ sei, die aus ihrer Sicht dem christlichen Menschenbild zutiefst widersprächen. Der Theologe degradiere dabei öffentlich die geschlechtliche Selbstbestimmung von einzelnen Menschen und gehe einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema bewusst aus dem Weg. Dabei berufe er sich „auf seine Glaubensposition“, die aus Sicht der ESG aus einem „nicht reflektierten und daher fundamentalistischen“ Bibelverständnis hervorgehe. „Als ESG können wir solchen menschenverachtenden Haltungen, die sich angeblich auf die biblische Botschaft berufen, keinesfalls zustimmen!“ Gerade nach den jüngsten Wahlergebnissen halte die ESG „es für katastrophal, wenn junge Menschen als selbstbezeichnete Christ*innen solche ausgrenzenden Meinungen vertreten und vorantreiben und sich so explizit gegen die gelebte Vielfalt in unserer Gesellschaft“ richteten.

ESG lehnt Mission und Bekehrung in traditionellem Verständnis ab

Generell lehne die ESG „Mission“ und „Bekehrung“ im von den Veranstaltern der Hochschultage verstandenen traditionellen Sinn „aus seelsorglichen und diversitätssensiblen Gründen“ ab. Denn diese Begriffe und die dahinterstehenden Konzepte stünden aus ihrer Sicht „im Zusammenhang mit einem toxischen Religionsverständnis und unterdrückerischen und geistlich-missbräuchlichen Strukturen“. Die ESG betont jedoch auch, dass sie sich mit dieser Stellungnahme „explizit nicht generell von den oben genannten christlichen Hochschulgruppen“ als solchen distanziere, „da wir durch persönliche Kontakte und Freund*innenschaften wissen, dass diese Gruppen – so wie wir auch – in sich nicht homogen sind und nicht alle Menschen aus den jeweiligen Gruppen dieselbe Haltung und Glaubensansicht“ verträten.

Badischer Pfarrer: Die Kirchenleitung sollte sich äußern

Der badische Pfarrer und Blogger David Brunner hatte sich bereits wegen der Kritik an den Tübinger Hochschultagen zu Wort gemeldet und die Veranstalter verteidigt. Nun äußerte er sich auf seiner Facebook-Seite auch zur Stellungnahme der ESG Heidelberg. Es zeige sich dabei das „gleiche Schema“ wie in Tübingen, so der Theologe. Es werde mit Worten „um sich geschmissen, denen jegliche sachliche Begründung fehlt“, und es gehe lediglich darum, andere Personen und nicht deren Argumente anzugreifen. Mittendrin stehe in Gestalt der ESG seine eigene Landeskirche. Er kenne Zeilinger persönlich und sei bereits in dessen Livestream zu Gast gewesen. „Was die ESG Heidelberg hier tut, ist eines: menschenverachtend. Genau das, was sie anderen vorwirft. Mir reicht es, in welchen Dreck die Kirche sich selbst zieht und bitte hiermit öffentlich unsere Landesbischöfin Heike Springhart zu intervenieren.“ Was in Heidelberg im Namen der Landeskirche geschehe, „ist (m)einer Kirche nicht würdig“. Er könne es als Pfarrer dieser Kirche nicht zulassen, dass „solche Verleumdungen“ im Namen der Kirche stattfänden. Er erwarte von seiner Kirchenleitung deswegen „ein beherztes Eingreifen“, um noch mehr Schaden von der Kirche abzuwenden.