05.11.2024

Deutschland: Kritik an Münchner „Palästina-Camp“ nimmt zu

Den Betreibern wird eine Nähe zur Terrormiliz Hamas vorgeworfen

München (IDEA) – Ein „Palästina-Camp“ auf dem Gelände der Ludwig-Maximilians-Universität in München ist in die Kritik geraten. Den Betreibern wird eine Nähe zur Terrormiliz Hamas vorgeworfen. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) hatte sich der Al-Jazeera-Journalist Ashraf Al-Sarraj im Juli 2024 per Video zu einer Veranstaltung im seit Mitte Mai bestehenden Camp zugeschaltet. Dabei habe er die Anwesenden über die Geschehnisse im Gazastreifen informiert. Al-Sarraj habe jedoch schon im September 2023 ein Video auf Instagram von einer militärischen Übung der Kassam-Brigaden veröffentlicht, dem militärischen Flügel der Hamas. Es zeige genau die gleichen Manöver, die diese kurze Zeit später bei ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober angewandt hätten. Al-Sarraj sei überdies einer von sechs Journalisten, denen die israelischen Streitkräfte öffentlich die Mitgliedschaft bei der Hamas vorwerfen. Sie hätten auch Dokumente vorgelegt, die dies bezeugen sollen. Das gleiche gelte für den ebenfalls im Camp zugeschalteten Hossam Shabat. Der Sender Al Jazeera habe die Anschuldigungen als Lüge zurückgewiesen.

Aktivisten feiern getöteten Hamas-Anführer

Die SZ stützt ihren Bericht unter anderem auf Informationen der Fachinformationsstelle Rechtsextremismus München (firm). Sie liste zahlreiche Fälle auf, die eine Nähe der Münchner Aktivisten zur Hamas dokumentierten. Darunter seien immer wieder Beiträge einer jungen Frau, die auf Instagram sehr aktiv sei. Dort bekunde sie ihre Sympathien für zahlreiche Seiten bekannter Salafisten und weiterer Konten aus dem islamistischen Spektrum. „Zudem teilte sie in der Vergangenheit Reden der ‚Kalifatsdemo‘ in Hamburg und anti-israelische Sticker der Neonazi-Partei ‚Der Dritte Weg‘.“ Am 7. Oktober 2023 habe sie den Terroranschlag auf Israel in den sozialen Medien gefeiert und Hamas-Anführer Jahia Sinwar nach dessen Tötung im Oktober als einen der „wichtigsten, edelsten, ehrenhaftesten und gerechtesten Führer der Geschichte“ bezeichnet. Ein anderer Camp-Redner lobte den Mut des Hamas-Führers „im Angesicht des Feindes“. Eine Anfrage an das Camp, warum eine Distanzierung von Personen, die sich derart äußerten, bislang nicht geschehen sei, ließen die Aktivisten laut SZ unbeantwortet.

Jüdische Studenten: Platz ist zur „No-Go-Area“ für Juden geworden

Der Verband jüdischer Studenten in Bayern (VJSB) rief angesichts dieser Entwicklung die Stadtverwaltung auf, alle notwendigen Schritte einzuleiten, um sicherzustellen, dass Antisemitismus vor Münchner Hochschulen keinen Platz habe. In einer auf Instagram veröffentlichten Stellungnahme beklagte der Verband, dass der Professor-Huber-Platz vor der Universität für jüdische Studenten zu einer „No-Go-Area“ geworden sei. Auch wenn das Camp auf Anordnung des Kreisverwaltungsreferats kürzlich verkleinert worden sei, hingen auf dem Gehsteig weiterhin zahlreiche Banner und auch ein Pavillon stehe dort. Es sei den Studenten somit kaum mehr möglich, Abstand zu dem Camp zu halten, wenn sie die Universität betreten wollten. Der VJSB verweist zudem darauf, dass die Stadtverwaltung bereits vor der Veröffentlichung des SZ-Artikels mindestens von dem Vortrag „des mutmaßlichen Hamas-Mitglieds Ashraf Al-Sarraj“ gewusst habe. „Dennoch durfte die antisemitische Propaganda in sogenannten Workshops weiter verbreitet werden und das Camp konnte ohne Auflagen bestehen bleiben.“ Da die Stadt angebe, antisemitische Vorfälle genau im Blick zu haben, sei davon auszugehen, dass sie auch über die weiteren Fälle informiert gewesen sei.

Spaenle: Stadtverwaltung soll Räumung veranlassen

Der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) forderte laut einer Mitteilung die Räumung des Camps durch die Stadtverwaltung: „Die Zeit der Toleranz und des Hinnehmens der Unterstützung von Terroristen ist vorbei.“ Spaenle begründete seine Forderung mit dem Bericht der SZ. Die Betreiber des Camps würden auf diese Weise die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die der deutsche Rechtsstaat grundsätzlich schütze, die aber ihre Grenzen im Recht habe, „mit Füßen treten“. Die Hamas habe Menschen mit Gewalt und Mord überzogen. „Hetze, Gewaltverherrlichung und Anstiftung zu Aggression und Mord“ hätten in Deutschland nichts zu suchen und dürften auch nicht geduldet werden, so Spaenle.

Kreisverwaltungsreferat: Das Problem ist bekannt

Das Kreisverwaltungsreferat räumte zwar auf SZ-Anfrage ein, dass die von der firm dokumentierten Belege dort bekannt seien. Die Behörde sehe „die fehlende Abgrenzung von Terrororganisationen und die antisemitischen Vorfälle bei der Dauermahnwache sehr kritisch“. Das genüge jedoch nicht, um ein Versammlungsverbot auszusprechen. Die Versammlungsfreiheit in Deutschland sei ein hohes Gut, ein Verbot käme nur als ultima ratio infrage. Trotz der strafrechtlichen Relevanz einzelner im Camp getätigter Aussagen sei darin keine konkrete Gefahr für Leib und Leben erkennbar. Es sei nicht die Aufgabe des Referats, politische Konflikte durch Beschränkung von Grundrechten aufzulösen, so eine Sprecherin gegenüber der Zeitung.