23.10.2024

Myanmar: Nationale Menschenrechtskommission will im Bürgerkrieg vermitteln

Yangon (Fides) - „Der Prozess des Dialogs und der Vermittlung im Bürgerkonflikt in Myanmar, ist aus vielen Gründen wichtig und dringend: um die Grausamkeit der Armee gegen die Zivilbevölkerung zu stoppen, die jedem vor Augen steht; um es der Nation zu ermöglichen, ein soziales Leben mit Bildung, Gesundheit und Entwicklung wieder aufzunehmen, da sie sonst auf den Abgrund zusteuert“, sagt der Katholik Joseph Kung Za Hmung aus Yangon, Pädagoge und Gründer der ersten privaten katholischen Universität des Landes, der „St. Joseph University“ in Yangon, gegegnüber Fides. Joseph Kung Za Hmung engagiert sich seit Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit (mit der katholischen Nachrichtenportal 'Gloria news Journal') und in Programmen zur ländlichen Entwicklung und leitet seit 2004 die NRO „Community Agency for Rural Development“. Joseph Kung wurde nun als christlicher Vertreter in die „Myanmar National Human Rights Commission“ der birmanischen Regierung berufen (die Mitglieder werden gemäß der Verfassung von der derzeitigen Regierung ernannt), die die Rolle eines „unabhängigen Beobachters“ spielen soll, der die Menschenrechtslage im Land überwacht und Empfehlungen an die Exekutive ausspricht.
Im September hat die Militärjunta die elf Mitglieder der Kommission (mit einer fünfjährigen Amtszeit) neu ernannt und dabei Akademiker und Personen ausgewählt, die der Zivilgesellschaft und nicht dem Militär oder dem Regierungsapparat angehören. „Die Mitglieder der Kommission kommen aus der Gesellschaft, sie kennen die kämpfenden Volksverteidigungskräfte und haben Kontakte zu ihnen, so dass die Kommission heute eine Brückenfunktion übernehmen und ein Gremium sein kann, das dazu beitragen kann, einen Dialog- und Vermittlungsprozess einzuleiten. Die Öffnung eines Kanals ist heute für die gesamte Nation entscheidend. Auch mit der Junta muss ein Dialog geführt werden. Es gibt auch Vermittlungsversuche von außerhalb des Landes, zum Beispiel innerhalb der ASEAN (Vereinigung südostasiatischer Nationen) unter Beteiligung von Ländern wie Indonesien und Thailand“, so der Katholik.
Bei realistischer Betrachtung der Lage vor Ort stellt Kung fest, dass „alle einem Waffenstillstand zustimmen müssen, weil das ganze Land davon profitieren würde, in erster Linie die leidende Zivilbevölkerung und die Binnenvertriebenen, deren Zahl weiter zunimmt. Die Nation befindet sich in einem Zustand der Erschöpfung. Wenn die Volkskräfte an den Verhandlungstisch kommen, können sie ihre Forderung nach einer Zivilregierung bekräftigen. Die Volkskräfte und die ethnischen Milizen kontrollieren heute schätzungsweise 75 % des Landes, während das Zentrum und die großen Städte von der Armee verteidigt werden, die nach wie vor sehr stark ist und über schwere Waffen verfügt. Eine Dialog und die Suche nach einer gemeinsamen Basis liegt in jedermanns Interesse“, stellt er fest.
Der Aufruf zur Aufnahme eines Dialogs zwischen den Kriegsparteien kam auch von der letzten ASEAN-Tagung, auf der die Organisation einer Friedenskonferenz vorgeschlagen wurde. Der Vorsitzender der Föderation der Asiatischen Bischofskonferenzen und Erzbischof von Yangon, Kardinal Charles Maung Bo, der zurzeit anlässlich der Weltbischofssynode im Vatikan weilte, erinnerte an den dramatischen Konflikt in seinem Land und äußerte den herzlichen Wunsch, dass „ein Weg der Versöhnung gefunden wird“, wobei er „einen Dialogtisch für den Frieden“ forderte. Der Chef der Militärjunta von Myanmar, General Min Aung Hlaing, forderte unterdessen die ethnischen Rebellenmilizen zur Teilnahme an Friedensgesprächen auf und wiederholte diesen Aufruf am neunten Jahrestag der Unterzeichnung des nationalen Waffenstillstandsabkommens von 2015.
Die neu ernannte Nationale Menschenrechtskommission von Myanmar hatte in den letzten Tagen Gelegenheit, das Gefängnis in Yangon zu besuchen, in dem 12.000 Häftlinge untergebracht sind. Die Kommission untersuchte die Bedingungen und Bedürfnisse der Häftlinge und sprach Empfehlungen an die Regierung aus. Bemerkenswert ist die Situation der Rohingya-Häftlinge, von denen viele ihre Strafe bereits verbüßt haben, aber immer noch inhaftiert sind, weil sie nicht in ihre Heimat im vom Krieg zerrütteten burmesischen Bundesstaat Arakan zurückkehren können. Neben Gefangenen, die wegen gewöhnlicher Straftaten inhaftiert sind, befinden sich in dem Gefängnis auch politische Gefangene, die Gegner des Regimes sind. Die Kommission empfahl, politische Gefangene genauso zu behandeln wie andere Gefangene, und forderte, sie in die Amnestie- oder Strafmilderungsmaßnahmen einzubeziehen, die häufig an Nationalfeiertagen erlassen werden.
(PA) (Fides 23/10/2024)