25.10.2024

Großbritannien: Schuldspruch wegen stillen Gebets in der Nähe einer Abtreibungsklinik

AKREF-A/25.10.24 - ADF International: DORSET, Vereinigtes Königreich (16. Oktober 2024). Adam Smith Connor, dem zur Last gelegt wurde, im November 2022 in einer „Pufferzone“ um eine Abtreibungsklinik in Bournemouth still gebetet zu haben, wurde vom Bournemouth Magistrates‘ Court[1] schuldig gesprochen. Smith-Connor wurde bedingt verurteilt, d.h. eine Strafe würde nur im Falle eines weiteren Schuldspruchs für ein innerhalb der nächsten zwei Jahre begangenes Vergehen verhängt. Das Gericht verfügte jedoch, dass er die Kosten der Strafverfolgung in Höhe von ₤9000 (etwa €10.800) tragen muss.

In der Urteilsbegründung heißt es, dass sein Gebet „Ablehnung von Abtreibung“ gleichkäme, da er mit leicht gebeugtem Kopf und gefalteten Händen gesehen worden wäre.

Smith-Connor erklärte in seiner Reaktion auf das Urteil: „Heute hat das Gericht entschieden, dass bestimmte Gedanken – stille Gedanken – im Vereinigten Königreich illegal sein können. Das kann nicht richtig sein. Ich habe nur in meinen persönlichen Gedanken zu Gott gebetet – und dennoch bin ich jetzt ein verurteilter Straftäter. Ich habe 20 Jahre als Reservist in der Armee gedient, einschließlich eines Einsatzes in Afghanistan, um die Grundfreiheiten zu verteidigen, auf denen unser Land aufgebaut ist. Ich diene weiterhin in diesem Geist in meinem Beruf im Gesundheitswesen und als ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Kirche. Ich finde es äußerst Besorgnis erregend, wie unsere Freiheiten in einem Ausmaß ausgehöhlt werden, dass man im Vereinigten Königreich jetzt wegen „Gedankenverbrechen“ strafrechtlich verfolgt wird.

Jeremiah Igunnubole, Jurist und Rechtsanwalt von ADF im Vereinigten Königreich, erklärte: „Das ist ein rechtlicher Wendepunkt von immensen Proportionen. Heute wurde ein Mann wegen des Inhalts seiner Gedanken, seiner Gebete zu Gott auf den öffentlichen Straßen von England schuldig gesprochen. Wir können kaum noch tiefer sinken in unserer Verletzung der elementaren Grundfreiheiten der Rede- und Gedankenfreiheit. Wir werden das Urteil genau prüfen und Optionen zur Berufung erwägen. Die Menschenrechte gelten für alle Menschen, unabhängig von ihrer Einstellung zu Abtreibung.

Die Politikerin Miriam Cates erklärte zu dem Verfahren: „Wir schreiben nicht 1984, sondern 2024 und niemand sollte nur wegen seiner Gedanken vor Gericht gestellt werden. Es ist ein Skandal, dass die Gemeindebehörden Geld der Steuerzahler für die Strafverfolgung eines „Gedankenverbrechens“ einsetzen, insbesondere in einer Zeit der allgemeinen Geldknappheit der öffentlichen Hand. Die Pufferzonen sind unangemessen groß, wodurch Menschen der Strafverfolgung ausgesetzt werden, nur weil sie Hilfe anbieten oder ihre eigenen Überzeugungen haben.“

Derzeit gibt es in fünf Gemeindegebieten im Vereinigten Königreich aktive Pufferzonen bzw. Zensurbereiche, in denen es verboten ist, auf öffentlichen Straßen zu beten oder Frauen karitative Hilfe anzubieten. Die britische Regierung plant allerdings gemäß dem Gesetz über die öffentliche Ordnung von 2023 („Public Order Act 2023“) Pufferzonen um alle Einrichtungen in England und Wales, in denen Abtreibungen durchgeführt werden, einzurichten.

In seiner Stellungnahme zu der Einrichtung landesweiter Pufferzonen erklärte Jeremiah Igunnubole: „Wir alle beeinflussen ständig wechselseitig unsere Entscheidungen, sei es durch den Rat eines Elternteils, die von einem Freund oder einer Freundin geäußerte Besorgnis, oder von einem Mitarbeiter einer Hilfsorganisation zur Verfügung gestellte Informationen. Doch das Gesetz über die öffentliche Ordnung ist so vage formuliert, dass diese alltäglichen, friedlichen, mitmenschlichen Gespräche auf gewissen Straßen Englands für illegal werden könnten, wenn es um Gespräche über Abtreibung geht.

Das Recht, ein einvernehmliches Gespräch zu führen oder still zu beten ist durch völkerrechtlich bindende Bestimmungen über Gedankenfreiheit und Redefreiheit geschützt. Doch die mangelnde Klarheit in der Formulierung des Gesetzes könnte dazu führen, dass viele weitere Bürger wie Adam Smith-Connor verhört oder sogar angeklagt werden, nur weil sie sich in ihren Gedanken still an Gott wenden. Dies ist ein Wendepunkt für die Freiheit in Großbritannien, den die Öffentlichkeit nicht leicht nehmen darf.“

Sir Edward Leigh, der am längsten ohne Unterbrechung aktive Abgeordnete des britischen Parlaments, erklärte zu dem Urteil: „Es ist eine Schande, dass  jemand in Großbritannien 2024 für ein stilles Gebet vor Gericht gestellt werden kann. Leider haben wir die Redefreiheit im Vereinigten Königreich bereits in wiederholten Fällen bedroht gesehen, wenn es darum ging, christliche Glaubensüberzeugungen zu äußern. Die Regierung muss dringend klarstellen, dass die Gedankenfreiheit als grundlegendes Menschenrecht geschützt ist.“

 

Quelle: Observatory on Intolerance and Discrimination against Christans in Europe (OIDAC)

Übersetzung: Arbeitskreis Religionsfreiheit (AKREF) der österreichischen Evangelischen Allianz

Wie von Sir Edward Leigh festgestellt, ist der Schuldspruch gegen Adam Smith-Connor leider kein Einzelfall. Einen Bericht über Verletzungen der Redefreiheit und anderer Grundfreiheiten in englischer Sprache finden Sie unter

CIDAC-interim-report-30-09-24.pdf

 

[1] Anmerkung des Übersetzers: Erstinstanzliches Gericht, entspricht einem Amtsgericht in Deutschland

  bzw. Bezirksgericht in Österreich