03.09.2024

Israel: Einschätzung zum Gazastreifen und zum Geiseldeal

Pressekonferenz - Netanjahu: Welt sollte auf Hamas Druck ausüben, nicht auf Israel

(israelnetz.com) Auf einer Pressekonferenz schildert Netanjahu seine Einschätzung zum Gazastreifen und zum Geiseldeal. US-Präsident Biden sorgt indes mit einer Äußerung für Unmut in Jerusalem.

Netanjahu bei der Pressekonferenz am Montagabend

JERUSALEM (inn) – Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu interagiert relativ selten mit heimischen Medien. Wenn es doch mal der Fall ist, scheint es für ihn ein wichtiges Thema zu geben. Am Montagabend war die Zeit dafür gekommen: Vor Journalisten versuchte er bei einer einstündigen Pressekonferenz, seine Politik mit Blick auf den Gazastreifen und die Geiseln zu erklären.

Anlass dafür war der Schock über die sechs ermordeten Geiseln. Zahlreiche Israelis forderten daraufhin lautstärker als sonst – etwa mittels eines Generalstreiks am Montag – einen Geiseldeal. Der verbreitete Vorwurf lautet, Netanjahu torpediere diesen immer wieder.

Netanjahu: Falsche Botschaft an Hamas

Auf der Pressekonferenz widersprach er dieser Sicht: Es sei die Hamas, die keinen Deal wolle. Israel stehe hingegen bereit. Als Beleg listete Netanjahu Zitate von amerikanischen Politikern und hochrangigen Beamten auf, darunter von Außenminister Antony Blinken (Demokraten). Diese hätten mehrmals die Ernsthaftigkeit der israelischen Seite betont und erklärt, dass nun die Hamas zustimmen müsse.

Mit sichtbarer Verärgerung betonte Netanjahu zudem, dass die Appelle nach mehr Ernsthaftigkeit ausschließlich an Israel erfolgten – sogar nachdem die Hamas die sechs Geiseln ermordet hatte. Dies sende eine Botschaft an die Terror-Organisation: „Ermordet mehr Geiseln. Dann kriegt ihr mehr Zugeständnisse.“ Netanjahu forderte daher: „Der internationale Druck sollte sich auf diese Mörder richten, auf die Hamas, nicht auf Israel.“

Strategische Überlegung

Netanjahu erklärte zudem seine Haltung zum Philadelphi-Korridor, dem Grenzgebiet zwischen Ägypten und dem Gazastreifen. Er nutzte zur Veranschaulichung eine Monitorwand mit einer Karte des Gebietes. Er betonte, Israel müsse den Korridor kontrollieren, weil dieser für die Hamas von strategischer Bedeutung sei: Über diesen Landstreifen erhalte sie ihre Waffen, die sie gegen Israel einsetze.

Die Forderung nach einem zeitweiligen Rückzug lehne er ab: Auch wenn eine Rückeroberung militärisch möglich sei, werde dann der diplomatische Druck auf Israel lasten, es nicht zu tun. Als Beispiel führte er den Südlibanon an. Beim damaligen Rückzug habe es auch geheißen, dass Israel diesen wieder rückgängig machen könne, sobald die erste Rakete fliege – geschehen ist dies nicht.

Gespanntes Verhältnis

Indes äußerte sich auch US-Präsident Joe Biden (Demokraten) zu den Geiseln. Er erklärte, ein Deal stehe kurz vor dem Abschluss. Auf die Frage eines Reporters, ob Netanjahu dafür genug tue, antwortete er einsilbig: „Nein.“

Die israelische Regierung reagierte darauf mit Unverständnis. Ein Vertreter sagte laut dem amerikanischen Nachrichtensender CNN, es sei „bemerkenswert“, dass Biden versucht, Netanjahu unter Druck zu setzen. Dabei sei es Hamas-Führer Jahja Sinwar, der weiterhin ein Abkommen ablehne.

Laut Schätzungen befinden sich noch 101 Geiseln im Gazastreifen. Davon sollen noch etwa 66 am Leben sein. Netanjahu erklärte, dass in der ersten Phase des Geiseldeals zunächst 23 Geiseln freikommen sollen. (df)