12.09.2024
Kirgistan: Entwurf zum neuen Religionsgesetz mit alten und neuen Restriktionen
AKREF-A/12.09.24 - Am 29. August 2024, zehn Monate nachdem der letzte Entwurf zu einem neuen Religionsgesetz publiziert und danach zurückgezogen wurde, haben Beamte der Staatlichen Kommission für Religiöse Angelegenheiten, des Komitees für Staatssicherheit NSC, das ist die Geheimpolizei, und das Innenministerium eine neue Version erstellt und diese zusammen mit einer weiteren Gesetzesnovelle für den Bereich der Religion auf der Website der Regierung veröffentlicht.
Der neue Gesetzesentwurf ist ebenso restriktiv wie das in Kraft befindliche Gesetz. „Ich fürchte, wenn diese Änderungen angenommen werden und die Behörden weiterhin ihre bisherige Strategie verfolgen, werden viele Kirchen geschlossen,“ erklärte ein Protestant gegenüber Forum 18. Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften, die aus Furcht vor staatlichen Repressalien nicht namentlich genannt werden wollen, beklagten sich, dass sie weder von der Staatlichen Kommission für Religiöse Angelegenheiten noch von anderen staatlichen Stellen über den Gesetzesentwurf informiert wurden noch ihre Meinung dazu eingeholt wurde.
Auf der Website der Regierung wurde neben den Gesetzestexten in kirgisischer und russischer Sprache auch eine Begründung für ein neues Religionsgesetz veröffentlicht. Unter anderem wird darin behauptet, dass es das Ziel des Gesetzesentwurfs sei, die internationalen Verpflichtungen der Kirgisischen Republik zu erfüllen.
In Wirklichkeit enthält der neue Gesetzesentwurf zahlreiche Bestimmungen, durch die im Falle des Inkrafttretens rechtlich bindende internationale Menschenrechtsverpflichtungen verletzt werden, wie etwa folgende:
- alle Religionsgemeinschaften müssten wie schon bisher die staatliche Registrierung erwirken, um existieren oder Religions- bzw. Glaubensfreiheit ausüben zu dürfen;
- jede Ausübung der Religions- bzw. Glaubensfreiheit ohne staatliche Registrierung wäre weiterhin illegal und strafbar;
- zusätzlich müssten sich alle Religionsgemeinschaften alle fünf Jahre neu registrieren lassen;
- es würden mehrere belastende Registrierungserfordernisse eingeführt, so etwa die Erhöhung der erforderlichen Zahl von Gründungsmitgliedern, die zudem auch bei einer Gründungsversammlung einstimmig für die Gründung einer Religionsgemeinschaft votieren müssten;
- der Staatlichen Kommission für Religiöse Angelegenheiten würden umfangreiche Befugnisse zur willkürlichen Ablehnung von Registrierungsanträgen eingeräumt;
- dem Komitee für Staatssicherheit und Innenministerium würde ein Vetorecht gegen die Gründung einer Religionsgemeinschaft wegen angeblich „möglicher Beteiligung an terroristischen und extremistischen Organisationen und terroristischen Aktivitäten“ eingeräumt;
- Muslimen wäre die Gründung von nicht der staatlich kontrollierten Zentralorganisation der Muslime unterstehenden Gemeinschaften untersagt;
- der Staatlichen Kommission für Religiöse Angelegenheiten würden umfangreiche Kompetenzen zur „Kontrolle“ von registrierten religiösen Organisationen und Bildungseinrichtungen und registrierten Gottesdienststätten eingeräumt, sowie umfangreiche Befugnisse zum Verbot von Religionsgemeinschaften;
- alle Gottesdienststätten würden einer Registrierungspflicht durch die Staatliche Kommission für Religiöse Angelegenheiten unterliegen; alle Aktivitäten außerhalb der registrierten Gottesdienststätten müssten von der Kommission genehmigt werden;
- die verpflichtende Zensur religiöser Literatur bliebe aufrecht;
- die Verteilung von religiösen Schriften an öffentlichen Orten und Verteilung von Haus zu Haus wäre weiterhin verboten;
- Religiöse Unterweisung von Kindern und Erwachsenen bedürfte der Genehmigung durch die Staatliche Kommission für Religiöse Angelegenheiten, die auch befugt wäre, die Lehrpläne zu überprüfen.
All diese Bestimmungen stehen im eklatanten Widerspruch zu internationalen Menschenrechtsverpflichtungen bzw. zu den Richtlinien der OSZE und der Venedig Kommission des Europarats über die Rechtspersönlichkeit von Religions- oder Glaubensgemeinschaften.
Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 6. September 2024)
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA