13.04.2025
Kasachstan: 15 Monate lange strafrechtliche Ermittlungen gegen orthodoxen Priester wegen Antikriegs-Posting
AKREF-A/F18/13.04.25 - Im August 2023 postete der orthodoxe Priester Vater Yakov (bürgerlich Vladimir Yuryevich Vorontsov) eine Facebook Nachricht von 104 Wörtern, in der er beklagte, dass das Moskauer Patriarchat der Russisch-Orthodoxen Kirche „schon lange nichts mit dem Christentum zu tun“ hätte. Grund seiner Haltung gegenüber dem Patriarchat war dessen Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.
Nach einer anonymen Anzeige wurde er von der Polizei seiner Heimatstadt Almaty zur Befragung vorgeladen. Im Dezember 2023 leitete die Polizei strafrechtliche Ermittlungen wegen des Schürens von religiösem oder ethnischem Hass ein, wofür eine Höchststrafe von 7 Jahren Gefängnis droht. Mehr als 15 Monate später und obwohl eine von der Polizei in Auftrag gegebene „Expertenanalyse“ keine Schuld bei dem Priester gefunden hat, hat der Ermittlungsbeamte Samat Atakhan die Ermittlungen nicht beendet, sondern im Dezember 2024 eine zweite „Expertenanalyse“ in Auftrag gegeben.
Die russisch-orthodoxe Diözese Astana und Almaty hat ihre eigenen „Expertenanalyse“ bei Roza Akbarova in Auftrag gegeben. Akbarova hat in der Vergangenheit bereits Expertenanalysen erstellt, die zur Verhängung von Haftstrafen gegen Siebenten-Tags Adventisten, Zeugen Jehovas und Muslime beigetragen haben, die ohne ihr Wissen mit Informanten der Geheimpolizei über ihren Glauben gesprochen hatten.
Bereits vor seinem Facebook Posting wurde Vater Yakov von der Orthodoxen Kirche Kasachstans wegen seiner Haltung gegen den Krieg das Priesteramt entzogen, unter anderem mit der Begründung, er hätte Hass zwischen religiösen und ethnischen Gemeinschaften geschürt. Er war einer der orthodoxen Priester, die im Februar 2022 einen offenen Brief mit einem Aufruf zur Versöhnung und einem sofortigen Waffenstillstand unterzeichnet hatte. Seine Absetzung als Priester wurde im Juli 2024 vom Moskauer Patriarchen Kirill bestätigt.
Vater Yakov plante in der Vergangenheit, eine autokephale (unabhängige) orthodoxe Gemeinschaft in Almaty zu gründen und registrieren zu lassen. Später beabsichtigte er, eine Gemeinschaft registrieren zu lassen, die sich um Mitgliedschaft im Ökumenischen Patriarchat bemüht. Derzeit ist allerdings aufgrund der gegen Vater Yakov laufenden Ermittlungen davon auszugehen, dass die Behörden diese Tatsache als Druckmittel gegen die Unterzeichner des Registrierungsantrags nutzen würden.
Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 11. April 2025)
Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖE