22.04.2025

Russland: Die Strafverfolgungen wegen Protesten gegen den Krieg gehen weiter

 

AKREF-A/22.04.25 - Erzbischof Grigory Mikhnov-Vaytenko von der vom Moskauer Patriarchat unabhängigen Apostolisch-Orthodoxen Kirche wurde am 1. April wegen eines im Jahr 2022 veröffentlichten Videos von einem Gericht in Sankt Petersburg zu einer Geldstrafe verurteilt. Vor Gericht zitierte er die Worte Jesu „selig sind die Friedensstifter“ und fügte hinzu „die Kirche ist verpflichtet, genau diese Position auszusprechen“. Ein Sprecher des Gerichts erklärte den Schuldspruch mit folgenden Worten: „Er hat ein Video hochgeladen, in dem es hieß, Russland hätte ohne Grund eine Invasion in die Ukraine unternommen. Welche weitere Begründung brauchen Sie?“ Wörtlich hatte der Erzbischof die Invasion als unmotivierte, aggressive bewaffnete Aktion bezeichnet. Derzeit erwartet Erzbischof Grigory eine zweite Anklage und Strafverfolgung wegen „Diskreditierung“ der russischen Streitkräfte.

 

Am 14. April begann der Prozess gegen den unabhängigen christlichen Prediger Eduard Charov wegen wiederholter „Diskreditierung“ der Streitkräfte vor dem Militärgericht der Zentralregion in Jekaterinburg. In einem seiner Postings in den Sozialen Medien hatte Charov geschrieben: „Ihr Kirchenmitglieder, werdet vernünftig! Versteht es, denkt darüber nach! Wäre Jesus in die Ukraine gegangen, um zu töten???“

Überdies ist Charov angeklagt, über das Internet öffentliche Aufrufe zur Begehung terroristischer Aktivitäten getätigt zu haben, Terrorismus gerechtfertigt und propagiert zu haben, dies alles laut Aussagen seiner Frau Inna wegen eines sarkastischen Kommentars über das Posting eines anderen Teilnehmers in den sozialen Medien. Der nächste Gerichtstermin im Prozess gegen Charov ist für den 27. Mai angesetzt.

Derzeit befindet sich Charov auf freiem Fuß, unterliegt jedoch Auflagen. So darf er seinen Heimatbezirk nicht verlassen und weder Telefon noch Internet benutzen.

Charov ist einer von drei religiösen Leitern, gegen die derzeit ein Strafverfahren anhängig ist, weil sie aus religiösen Gründen die Invasion der Ukraine durch Russland kritisiert haben.

 

So geht auch das Verfahren gegen den Zen-buddhistischen Leiter Ilya Vasilyev in Moskau weiter. Die Anklage gegen ihn lautet auf Verbreitung „wissentliche falscher Informationen über die russischen Streitkräfte aus Gründen des Hasses oder der Feindschaft“. Grund der Anklage ist ein Posting in englischer Sprache, in dem er am 25. Dezember 2022 laut eigener Aussage ausschließlich aus religiösen Gründen geschrieben hatte: „Putin hat einen Weihnachts-Waffenstillstand verweigert. Er beschießt gerade jetzt mit seinen Raketen friedliche ukrainische Städte und Dörfer. Erst gestern gab es 16 Tote in Cherson, wo die Familie meines Vaters lebt. Oder gelebt hat? Millionen Ukrainer haben jetzt weder Strom noch Wasserversorgung.“   Vasilyev befindet sich schon seit über 9 Monaten in Untersuchungshaft und hat bereits sechs Gerichtstermine hinter sich. Sein Verteidiger glaubt, dass noch vier weitere Termine bevorstehen, bevor ein Urteil gefällt wird.

Auch gegen Nikolay Romanyuk, den Pastor einer Pfingstkirche, läuft ein Verfahren wegen seiner Äußerungen in einer Predigt im September 2022: „Christen sollten auf der Grundlage der Heiligen Schrift nicht in die Ukraine gehen, um zu kämpfen“. Ihm werden „öffentliche Aufrufe zu Handlungen gegen die Sicherheit der russischen Föderation oder Behinderung von Regierungsstellen und Beamten bei der Ausübung ihrer Befugnisse zur Gewährleistung der Sicherheit der russischen Föderation“ vorgeworfen. Der 62-jährige Pastor ist seit Oktober 2024 in Haft. Trotz seines schlechten Gesundheitszustandes – er hat während seiner Haftzeit einen Mini-Schlaganfall erlitten – wurde am 15. April seine Untersuchungshaft bis zum 17. Juni verlängert. Eine Entlassung in den Hausarrest aus Gesundheitsgründen wurde bisher stets abgelehnt. „Die Ermittlungsbeamten erklären vor Gericht immer wieder, was für ein gefährlicher Krimineller Romanyuk ist und warum er in Haft bleiben sollte“, erklärte Romanyuks Schwiegersohn nach dem jüngsten Gerichtstermin. 

Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 17. April 2025)

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA

 

 

 

Besetzte Gebiete der Ukraine:  Razzien, Gerichtsverfahren, Beschlagnahme von Gebäuden

 

Am 2. März kam es zu einer Razzia beim Sonntagsgottesdienst einer Baptistengemeinde in Stakhanov in der von Russland besetzten Region Lugansk. Dies war die bisher letzte einer Serie von Razzien gegen Religionsgemeinschaften in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine. Ziel dieser Übergriffe sind in erster Linie Gemeinschaften, die über keine Registrierung nach russischem Recht verfügen. Dabei wird religiöse Literatur beschlagnahmt, die Anwesenden werden fotografiert und beschlagnahmte Unterlagen werden an die Anklagebehörden übermittelt, um Strafverfahren gegen die Leiter einzuleiten. Der Pastor der Baptistengemeinde in Stakhanov wurde am 10. April vom zuständigen Gericht freigesprochen.

Ausländer, die sich in nicht registrierten Gemeinschaften betätigen, droht die Abschiebung.

Es kommt auch zur Beschlagnahme von Immobilien von nicht nach russischem Recht registrierten Gemeinschaften. Das letzte Beispiel ist das Gebäude einer protestantischen Kirche in Mariupol, die 2024 von der Stadtverwaltung beschlagnahmt wurde und in ein Kino umgewandelt wird, das demnächst unter dem Namen Komsomolez eröffnet werden soll.

Quelle: Forum 18, Oslo (Bericht vom 17. April 2025)

Deutsche Fassung: Arbeitskreis Religionsfreiheit der ÖEA